Wagner in Israel?

Musik des Antisemiten in Israel: Der Dirigent Zubin Mehta machte vor zehn Jahren den ersten Versuch— und erntete stürmischen Protest. Für den 27. Dezember hat nun Daniel Barenboim erstmals in der Geschichte Israels ein Konzert mit Musik Richard Wagners angekündigt. Für den Abend, der in Tel Aviv stattfinden soll, steht orchestrale Musik aus Tristan und Isolde und dem Fliegenden Holländer auf dem Programm. Die Mehrheit der Mitglieder des Israel Philharmonic Orchestra unterstützt das Vorhaben des Dirigenten, nur zwölf Musiker stimmten dagegen. Allerdings ist es als „Sonderkonzert“ angekündigt, „damit Abonnenten mit einer Aversion gegen Wagner nicht geschädigt werden“.

Barenboim, der erst im vergangenen Jahr erklärt hatte, die Zeit sei „reif“ für Wagner, drängt seit langem darauf, den Bann gegen den als Nazisymbol verpönten Komponisten zu brechen. Seine Musik sei so bahnbrechend und wichtig, daß ein großes Orchester wie die israelischen Philharmoniker „nicht ohne Wagner auskommt“.

Zu den scharfen Gegnern einer Wagner-Aufführung gehört der Knesset-Vorsitzende Dov Schilanski. In einem Radiointerview sagte er: „Im Namen all derjenigen, die noch immer vor Angst zittern, wenn sie Wagner-Musik hören, fordere ich, daß diese Entscheidung überdacht wird. Wagner war ein Antisemit, der die Juden vernichten wollte, und ein Nazisymbol“. Der Violinist Abraham Melamed, ein Überlebender des Holocaust, hat mittlerweile angekündigt, die Aufführung zu boykottieren. Eine Entscheidung, die der Verwaltungsdirektor der Philharmoniker, Jaacow Mischori, nach eigenen Worten respektiert. Andererseits sei es „an der Zeit, daß Wagner in Israel unter dem Blickwinkel seiner strahlend schönen und überwältigenden Musik betrachtet wird“. Bis heute darf Wagners Musik im israelischen Rundfunk und Fernsehen nicht gespielt werden. Amos Wollin/taz