INTERVIEW
: Ein gewisses Harmoniebedürfnis

■ Der sächsische Innenminister Heinz Eggert (CDU) zur Erneuerung seiner Partei

taz: Welchen Eindruck haben Sie von der Diskussion um die Vergangenheit der CDU auf diesem Parteitag?

Heinz Eggert: Ich hätte mir gewünscht, daß man diese Problematik auch unterlegt mit persönlichen Erfahrungen, Lebensgeschichten, damit man aufeinander hört und die Lebensgeschichte des anderen verstehen kann. Ich habe den Eindruck, daß die Debatte auf dem Forum zur Vergangenheitsbewältigung von einem gewissen Harmoniebedürfnis geprägt war, mit dem Wunsch, diesen garstigen Graben der Vergangenheit letztendlich zuzuschütten. Das ist nicht angemessen gewesen.

Werden Sie weiter darauf Einfluß nehmen, daß Amtsträger der Block-CDU Konsequenzen ziehen?

Ich dränge darauf, daß Menschen, die früher in irgendeiner Weise das System unterstützt haben, weder von Steuer- noch von Parteigeldern bezahlt werden.

Wie schätzen Sie die Bereitschaft der West-CDU ein, an dieser Erneuerung teilzuhaben?

Man kann nicht allgemein sagen, dieser oder jener Landesverband hat diese oder jene Meinung. Es hat hier am Rande der Tagung sehr viele gute Gespräche gegeben, auch mit Abgeordneten aus dem Westen. Mir scheint, als hätten die Parteiorganisationen der Westländer dieses Problem noch nicht voll erfaßt. Es ist ein gesamtdeutsches Problem und nicht nur eines der Ostländer, weil sich hier kein Versuch vollzieht, den man in einem Reagenzglas beobachten kann. Wir müssen darüber reden: Wieviel Rückgrat muß jemand in bestimmten Situationen aufgeben, um sich zu verbiegen. Wir müssen in der gesamten CDU, im Osten wie im Westen, darauf drängen, daß es nie mehr dazu kommt, daß sich Menschen verbiegen müssen, um in Positionen zu kommen.

Apropos CDU-Erneuerung. Mehrfach beklagt: die Überalterung der Partei, der geringe Frauen-Anteil.

Da kann ich mir nur vorstellen, daß die Diskussionen, die jetzt geführt werden, eine solche Breite und Vielfalt erfahren — ohne Tabuisierungen und Verurteilungen —, daß eine Lebendigkeit einzieht, die zum Beispiel der Wahrhaftigkeit der Jugend entgegenkommt. Und es müßte auch in dieser Partei sichtbar werden, daß Frauen in ihr eine Zukunft haben. Interview: Detlef Krell