„Verkehrskontrolle!“

■ Ein Fall von Amtsanmaßung vor dem Amtsgericht

Angefangen zu trinken habe er mit sechs Jahren, sagt Wolfgang G. auf dem Flur des Amtsgerichtes. Und: „Vor Gericht habe ich auch schon öfter gestanden“.

Diesmal geht es um „Amtsanmaßung“: Nach einer Party hat er sich im Juli '89 mit einem Kumpel ins Auto gesetzt, „um 'n bißchen rumzufahren — einfach rein und gib Gummi!“ Im Hafen, da sei einer „immer von einer Ecke in die andere gefahren, da sind wir halt hinterher“. Und dann, „ich weiß nicht mehr, wie's kam“, da haben die beiden den Wagen überholt und zum Anhalten gezwungen. Dem Fahrer hielt Wolfgang G. einen Armeeaufkleber unter die Nase, gab sich als Angehöriger einer Bremer Polizeisondereinheit aus. Nach einer „Verkehrskontrolle“ ließ er den Fahrer weiterfahren; der wurde aber stutzig und meldete den Vorfall der nächsten Wache.

„Ich weiß, das hört sich idiotisch an. Aber wenn man unter Alkoholeinfluß steht, hat man halt solche Ideen.“ Wenn G. nicht unter Alkoholeinfluß steht, kriegt er Probleme, sagt er. Heute morgen, vor dem Gerichtstermin, „da habe ich mir schon drei Flaschen Bier reingezogen“, gibt er zu.

Bereits zum zweiten Mal steht G. wegen dieser Sache vor Gericht: Vor einem Jahr war er, in Verbindung mit der Unterschlagung eines Fahrrades, freigesprochen worden — hielt aber die Auflagen nicht ein: Er sollte sich bei seinem Bewährungshelfer melden und „in medizinische Behandlung wegen Alkoholsucht“ begeben. „Absoluter Blödsinn, im Rahmen dieses Paragraphen eine solche Auflage aufzuerlegen — da fehlen mir die Worte“, fand Richterin Timke gestern. Und verurteilte G. zu einer Geldstrafe von 45 Tagessätzen a 25 Mark. „Damit ist er endlich aus den Mühlen der Justiz heraus“, freut sich sein Bewährungshelfer: eine Freiheitsstrafe auch auf Bewährung hätte G. wegen der laufenden Bewährung sieben Monate Knast eingebracht und ihn seinen neuen Job gekostet. Richterin Timke: „Es ist nicht Sache des Gerichtes, Alkoholprobleme zu lösen — wo Beratungsstellen sind, wissen Sie ja.“ skai