Kritik der Kommunen an ÖTV-Forderungen

Osnabrück (ap) — Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hat Leistungskürzungen für den Bürger, Personalabbau, höhere Verschuldung oder Investitionsrückgänge bei den Kommunen angekündigt, falls die ÖTV ihre Tarifforderungen auch nur annähernd durchsetzen sollte. Schon die Lohnrunde 1991 sei von den Städten und Gemeinden mit den vorhandenen Mitteln praktisch nicht mehr bezahlbar gewesen, sagte der Präsident des Städtebundes, Hans Gottfried Bernrath (SPD). Dagegen vertrat der SPD-Sozialexperte Rudolf Dreßler die Auffassung, die ÖTV-Forderungen von 9,5 Prozent seien ein Verlangen auf der Grundlage wirtschaftlicher Tatsachen, mit der sich die Arbeitgeber auseinandersetzen müßten. Im Südwestfunk forderte er gestern die Politiker auf, sich aus den Tarifverhandlungen herauszuhalten. „Die Tarifpartner sind viel schlauer, als die Politik das für möglich hält“, sagte Dreßler. Benrath verwies darauf, daß die kommunalen Haushalte bereits mit höheren Beiträgen zum Fonds deutsche Einheit, durch Rückgänge beim Gewerbesteueraufkommen und mit der geplanten Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer an der Grenze der Belastbarkeit angekommen seien.

Auch die Aufwendungen für die Unterbringung von Asylbewerbern sowie für die Integration von Aussiedlern, Ausländern und Flüchtlingen stiegen ständig. „In einer solchen Situation sind kräftige Lohnerhöhungen für das Personal nicht mehr ohne drastische Einschnitte zu finanzieren“, betonte Bernrath, der auch SPD-Bundestagsabgeordneter ist. Die Kommunen als Arbeitgeber müßten sich jetzt verständigen und eine „realistische Anpassung der Löhne und Gehälter“ anstreben. Er könne keine Größenordnung nennen, gehe aber davon aus, daß der Tarifabschluß deutlich unter den 6,5 Prozent von diesem Jahr liegen müsse.