„Schöne“ Bescherung

■ JVA Wittlich: Besuche an Sonn- und Feiertagen verboten

Die Häftlinge der Justizvollzugsanstalt in Wittlich, die sich besonders auf ihren Besuch an den Sonn- und Feiertagen freuen, erlebten und erleben mit dem noch recht neuen Leiter der Anstalt eine herbe Enttäuschung. Rechtzeitig noch vor und zum Weihnachtsfest wurden alle Besuche an den Sonn- und Feiertagen vorboten. Die traditionellen Kranken- und Gefangenenbesuchstage sind in der Haftanstalt in Wittlich seit dem 1.November 1991 (Allerheiligen) abgeschafft. Ein wohl in der ganzen Bundesrepublik einmaliger Vorgang: kein Besuch an den Adventsonntagen, nicht zu Weihnachten, nicht zu Neujahr...

Die berufstätige Ehefrau oder die Frau mit Kindern kann jetzt nicht mehr an ihrem freien Tag ihren Ehemann, ihren Bruder, Vater oder Freund besuchen kommen. Welcher Arbeitgeber gibt denn seiner Angestellten pro Monat und jeden Monat ein oder zwei Tage frei? Die weitaus meisten Häftlinge stammen nicht aus der näheren Umgebung, sie stammen aus ganz Rheinland-Pfalz, aus anderen Bundesländern und auch aus dem Ausland. Und so werden viele beziehungsweise die meisten Häftlinge von ihren gewohnten sozialen Kontakten isoliert, Familen und Ehen absichtlich getrennt.

Eine weitere Überraschung erlebten die Häftlinge, als am Wochenende, 22./23.November 1991, der Kaufmann in der Haftanstalt die neu eingeführten Telefonkarten statt für 50DM für 60 DM verkaufte. Angeblich hatte sich die Post mit dem 50-DM-Aufdruck geirrt. Als die ersten Reklamationen kamen, teilte der Kaufmann M. aus K. mit, daß er nie diese Telefonkarten für 60DM verkauft habe. Doch es waren Zeugen da. Und dann allmählich bequemte er sich, die zuviel verlangten zehn Mark zurückzugeben. Mit den Wittlicher Häftlingen kann man es ja machen, zumindest probieren.

Merke: Ein Häftling mit 28 3/4 Stunden Arbeit pro Woche verdient für seinen Monatseinkauf etwas über 100DM. C.H.