Zwischen Pavarotti und Primal Scream

■ Ein neues Musikmagazin aus Stuttgart auf der Suche nach der Marktlücke

Eine weite Lücke klafft auf dem Musik-Zeitschriftenmarkt zwischen dem auflagenstarken 'Musikexpress/Sounds‘ und den Minderheitenmagazinen jenseits der 'Spex‘. In den vergangenen Jahren hat es immer wieder Versuche gegeben, ein ambitioniertes Musikblatt zu etablieren; fast alle sind kläglich gescheitert. Mit 'Zounds. Das Musikmagazin‘ zielt der ansonsten auf Auto- und HiFi-Zeitschriften spezialisierte Stuttgarter Verlag 'Motor-Presse‘ unübersehbar auf das Publikum des Marktführers 'Musikexpress‘. Auch 'Zounds‘ ist ein populäres Blatt, das ein breites Spektrum abdecken will zwischen Pavarotti und Primal Scream, Fonit Cetra und der Knitting Factory. „Rockkultur ist mehr als nur die Hitparade“, meint Chefredakteur Manfred Gillig, der einst über die Hamburger 'Sounds‘ zum Musikjournalismus kam. Er will keinesfalls jeden Monat nur die Aktualitäten und die Neuigkeiten abhecheln“, will ein Serviceblatt, das generationen- und thmenübergreifend über Musik informiert.

Ohne große Namen kommt die erste Ausgabe, die in dieser Woche mit einer Auflage von 100.000 Exemplaren an die Kioske ging, allerdings (noch?) nicht aus: Genesis, The Clash und Dire Straits werden auf der Titelseite angekündigt, aber auch die Red Hot Chili Peppers, Miles Davis und Kevin Coyne. Das Titelbild zeigt Deutschrocker Herbert Grönemeyer, der indes weniger abgefeiert als vielmehr vorsichtig demontiert wird — was der Redaktion bereits vor Erscheinen erboste Anrufe der Plattenindustrie eintrug.

Die braucht sich mithin nicht zu beklagen, denn in einem umfassenden Rezensionsteil werden so ziemlich alle Neuerscheinungen des Monats vorgestellt. Was gefällt, kann beim 'Zounds‘-Leserservive geordert werden — ob diese Dienstleistung das Urteil der Rezensenten beeinträchtigt, läßt sich anhand des ersten Heftes schwer beurteilen. Laut Manfred Gillig aber sollen freche, subjektive, auch provokante Äußerungen, wie sie einst in der Hamburger 'Sounds‘ zu finden waren, auch in 'Zounds‘ möglich sein. „Das muß es geben“, so der 41jährige, „das ist die Würze an der ganzen Geschichte“.

Dazu zählt er auch die bislang noch etwas beliebig wirkenden bunten Meldungen der ersten Seiten, die den korrigierenden Eingriff des Redakteurs vermissen lassen. Nicht The Doors, sondern The Who zerstückelten in den Sechzigern regelmäßig ihr Equipment, und die Kunstfigur von Digital Underground heißt nicht Humpty Dump, sondern Humpty Hump — kleine Fehler, die wir mal der Premierennervosität zuschreiben wollen. Harald Keller

'Zounds. Das Musikmagazin‘ hat zirka 132 Seiten, kostet 6,80 DM und soll künftig am jeweils letzten Mittwoch des Monats erscheinen.