Müller-Milch will Millionen

Der grüne bayrische Landtagsabgeordnete Kamm soll drei Millionen Mark Schadenersatz zahlen  ■ Aus Augsburg Klaus Wittmann

Drei Millionen Mark Schadenersatz will die Aretsrieder Großmolkerei Müller von dem Landtagsabgeordneten Raimund Kamm (Die Grünen). Durch geschäftsschädigende Äußerungen, wie, Müller-Milch verpeste die Umwelt hartnäckig „mit giftigem Plastikmüll“, seien der Firma allein im August dieses Jahres Umsatzeinbußen von 15 Millionen Bechern entstanden, mithin also drei Millionen Mark. Diese Zahl nannte Müller-Geschäftsführer Gerhard Schützner während eines Zivilprozesses vor der zweiten Zivilkammer in Augsburg. Der persönlich zur Verhandlung geladene Molkerei- Besitzer Müller, der die Millionen von Kamm will, blieb dem Gerichtssaal fern.

Auf Nachfragen von Kamms Anwälten listete Gerhard Schützner die angeblichen Umsatzeinbußen näher auf. Im Juli hätte die Firma noch einen Umsatzzuwachs von 50 Prozent zu vermelden gehabt, im August — nach Kamms umstrittenen Äußerungen — sei der Umsatzzuwachs auf 19,27 Prozent zurückgegangen. Doch schon im September sei die Steigerungsrate wieder bei 50 Prozent gelegen.

Müller-Milch glaubt, daß die 15 Millionen Becher weniger im August auf Kamms Äußerungen mit dem „giftigen Plastikmüll“ und Äußerungen zum Plastikbechergrundstoff Styrol zurückzuführen seien. Gerade jedoch die Aussagen des Abgeordneten zum Grundstoff Styrol bei den verwendeten Polystyrolbechern sind nach dessen Angaben in der von Müller-Milch beanstandeten Form von ihm nie gemacht worden. Trotzdem warf Müller-Geschäftsführer Gerhard Schützner Kamm vor, er betreibe ein „Geschäft mit der Angst“. Wenn der Verbraucher im Zusammenhang mit Müller-Milch lesen müsse, daß der Ausgangsstoff für die Joghurt-Becher — nämlich Styrol — krebserregend sei, dann setze das der Konsument mit dem Endprodukt gleich.

Einer der Müller-Anwälte wollte als Beweismittel dafür gar eine repräsentative Verbraucherumfrage durchführen lassen.

Raimund Kamm bestritt außerdem, jemals behauptet zu haben, daß von den Polystyrol-Bechern Gefahrstoffe auf das Füllgut übergehen, und somit für Verbraucher eine Gesundheitsgefährdung durch den Genuß der Getränke bestehe.

Das Gericht wies den Abgeordneten auf das hohe Prozeßrisiko hin, das sich aus dem Streitwert von fünf Millionen Mark ergibt. Sowohl Kamm als auch seine Verteidiger beantragten eine deutliche Reduzierung des Streitwerts, den sie in dieser Höhe als Versuch der Großmolkerei werteten, ihren schärfsten Kritiker mundtot zu machen.

Am 14.Februar 1992 will das Gericht eine Entscheidung verkünden. Er wies jedoch bereits vorsorglich die Firma Müller darauf hin, daß es sich bei der Äußerung von Kamm bezüglich des giftigen Plastikmülls um ein Werturteil handeln könne, das dem Abgeordneten womöglich gar nicht untersagt werden könne. Gleichwohl wurde nicht ausgeschlossen, daß es in diesen strittigen Fragen zu einem langwierigen Sachverständigenstreit kommen könne.

Unabhängig vom Zivilprozeß hat die Augsburger Staatsanwaltschaft vor kurzem eine von Theo Müller eingereichte Strafanzeige gegen Kamm wegen übler Nachrede zurückgewiesen.