: Konferenz über Abbau der Apartheid
Verfassungskonvention in Südafrika eröffnet/ Streit um Absichtserklärung/ Buthelezi erschien nicht ■ Aus Johannesburg Hans Brandt
Nun sitzen sie um einen Tisch, aber einig sind sie sich deswegen noch lange nicht: Zum Auftakt der Mehrparteienkonferenz über Südafrikas Zukunft am Freitag in Johannesburg wurden in einer Serie von Erklärungen der 19 beteiligten Organisationen die Unterschiede deutlich, die in den kommenden Monaten die Debatten des „Konvents für ein demokratisches Südafrika“ (Codesa) bestimmen werden. Es gab Differenzen über die Zukunft der Reservate für Schwarze, der sogenannten Homelands. Und auch der Disput zwischen dem Afrikanischen Nationalkongreß (ANC) und der Regierung über die Rechtskraft der von Codesa gefaßten Beschlüsse schwelte weiter. Deshalb gab es bis Redaktionsschluß keine endgültige Fassung der Grundsatzerklärung, die alle Beteiligten am ersten Tag unterzeichnen sollten.
„Nach Codesa ist die Situation in unserem Land nicht mehr umkehrbar“, sagte ANC-Präsident Nelson Mandela in seiner Erklärung. Aber er betonte, daß diese Konferenz noch nicht zu einer demokratischen Verfassung führen werde. „Es ist nicht vorstellbar, daß eine solche Verfassung auf eine andere Weise zustande kommt als durch eine gewählte Verfassunggebende Versammlung“, sagte Mandela. Wahlen für eine solche Versammlung sollten noch im kommenden Jahr stattfinden.
Mandela fordert Übergangsregierung
Mandela wiederholte die ANC-Forderung nach einer Übergangsregierung, in der alle Parteien vertreten sind. „Die derzeitige Regierung ist nicht geeignet, den Übergang zu einer Demokratie zu überwachen.“ Und er hob hervor, daß alle Codesa- Beschlüsse nur sinnvoll seien, wenn sie gesetzlich verankert würden. Die Regierung hat sich zwar bereit erklärt, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um Beschlüsse durchzusetzen. Aber die Regierung will die Hoheit des von ihr kontrollierten Parlaments nicht einschränken, indem sie von Codesa formulierte Gesetzentwürfe als unveränderbar akzeptiert.
Mehrere Homeland-Vertreter, besorgt über die Möglichkeit, daß ihre Verwaltungsgebiete in einer politischen Umstrukturierung verschwinden könnten, betonten, daß sie kein Bekenntnis zu einem „einheitlichen Südafrika“ unterstützen würden. „Wir sind ein unabhängiger Staat, ob wir nun anerkannt werden oder nicht“, sagte Lucas Mangope, Führer des „unabhängigen“ Homelands Bophuthatswana. „Entscheidungen von Codesa, die unsere Existenz berühren, können wir nicht akzeptieren.“
Inkatha befürwortet föderativen Staat
Auch die Zulu-Partei Inkatha schlug eine Reihe von Veränderungen der Absichtserklärung vor, die statt eines einheitlichen Staates eine föderalistische Staatsform festlegen. Sollten diese Änderungen nicht akzpetiert werden, warnte ein Inkatha- Sprecher, würde seine Partei die Absichtserklärung nicht unterzeichnen.
Inkatha-Präsident Häuptling Mangosuthu Buthelezi hatte sich am Donnerstag geweigert, an der Konferenz teilzunehmen, nachdem er eine Forderung nach einer separaten Delegation für den Zulu-König nicht hatte durchsetzen können. Über diese Forderung soll am Samstag die gesamte Konferenz endgültig entscheiden.
In ersten veröffentlichten Entwürfen der Absichtserklärung werden vor allem Grundlagen für eine zukünftige südafrikanische Verfassung festgelegt. Dazu gehören Bekenntnisse zu Mehrparteiendemokratie und Gleichberechtigung, zur Unabhängigkeit der Gerichte und dem Schutz der Menschenrechte. Ob Einzelheiten einer Verfassung allerdings in einer gewählten Verfassunggebenden Versammlung ausgearbeitet werden, wie der ANC es fordert, bleibt noch offen. Regierung und Inkatha wollen in dieser Mehrparteienkonferenz eine endgültige Verfassung formulieren.
Darüber wird in einer Reihe von Arbeitsgruppen diskutiert werden, die die Konferenz am Samstag einsetzen wird. Arbeitsgruppen werden sich auch mit der Zukunft der Homelands, mit der Bildung einer übergangsregierung und mit der zeitlichen Begrenzung der Arbeit von Codesa befassen. Zur Zeit ist vorgesehen, daß die Codesa-Vollversammlung sich etwa alle zwei Monate trifft.
Zum Auftakt kam es auch zu einer Gegendemonstration der extremen Rechten vor dem Tagungszentrum. Die etwa dreißig Teilnehmer schwenkten südafrikanische Fahnen und forderten den Rücktritt von Staatschef Frederik de Klerk.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen