„Wir brauchen keine Monster“

■ Catch-Promoter Otto Wanz über böse Buben und sportliche Jungen

38 Tage lang herrschte auf der Bürgerweide das Faustrecht: Mehr als 100.000 Zuschauer sahen das diesjährige Catch-Turnier und bescherten dem Veranstalter, Promoter Otto Wanz und der Bremer Stadthalle, Einnahmen von etwa 2.500.000 Mark. In Bremen erfreut sich der oft irrtümlich als barbarische Rüpelei verpönte Catch wachsender Beliebtheit. Otto Wanz zog zum Abschluß eine erste Bilanz.

taz. Herr Wanz, nach sechs Wochen Catch ist das Bremer Turnier jetzt zu Ende. Sind Sie als Veranstalter zufrieden?

Otto Wanz: Das Turnier war ein sehr großer Erfolg. Unser neues Konzept mit der Rahmenunterhaltung im Vorprogramm, mit der Umgestaltung der Halle, das ist alles sehr gut angekommen. Wir hatten viele junge Besucher, die gesehen haben, daß Catchen nicht das Spektakel alter, fetter, unbeschäftigter Sportler, sondern ein Ereignis mit Spitzenathleten ist: Ringkampf, Kraft, Power. Das ist der Weg für die Zukunft. Sport mit Unterhaltung, aber die Leistung muß überwiegen.

Es fehlt bei diesem Turnier der böse Bube. Ist das nicht ein ausgesprochener Mangel für so eine Veranstaltung?

Das ist genau das, was ich sage: Das bracht man nicht mehr. Wir brauchen keinen mit drei Augen und Buckel. Das Publikum will keinen mehr sehen mit 260 Kilo, wie Hastings zum Beispiel, sondern Action. Wir brauchen keine

hier bitte

den Herrn mit

erhobenem Daumen

Otto Wanz

Monster, um Leute in die Halle zu bringen.

Aber die Leute brauchen doch ihren Buhmann, den, den sie anschreien dürfen, den sie beschimpfen und hemmungslos heruntermachen können.

Das muß aber nicht ein Monster sein. Jedermann kann eine rauhe Gangart an den Tag legen, wie im Leben: Der eine freundlich, der andere schroff, und so ist es im Ringkampf: Der eine sucht seinen Weg an der Grenze der Regel und verzichtet auf das Wohlwollen des Publikums, und der andere riskiert eben mehr und gewinnt die Gunst des Publikums.

Newcomer bei diesem Turnier war der amerikanische Ringer Buffalo Petterson. Er ist hier als Böser eingeführt worden und wurde im Verlauf des Turniers zum Publikumsliebling. Hat da die Regie bei der Rollenverteilung versagt?

Das hat mit Rollenverteilung nichts zu tun. Petterson hat seit sechs Monaten für unseren Verband gerungen und war ein absolutes Rauhbein. Er selbst sagt, daß er noch nie in seinem ganzen Leben so freundlich aufgenommen wurde wie hier in Bremen. Der braucht nicht an die Grenze des Erlaubten zu gehen, der kontrolliert sie auch so. Der sagt sich: Warum soll ich ein Publikum verärgern, das mir freundlich entgegenkommt?

Was wollen sie verändern am Turnier?

Was mich unzufrieden macht, ist der Ruf des Catchens, der durch das Fernsehen verbreitet wird. Da werden Sachen gezeigt, die mit Sport und Leistung nichts mehr zu tun haben. Bei uns fragen die Leute dann natürlich auch: Warum ist der mit der Schlange nicht da? Das sind Show-Elemente, die übers Fernsehen kommen, die wir sicherlich nicht bringen werden. Das hat mit Sport nichts mehr zu tun, das ist Variete. Die Amerikaner setzen alles daran, Geister auf die Bühne zu bringen, damit das Publikum in die Halle kommt. Wir wollen hier in Europa den sportlichen Weg gehen.

Ist das denn in Konkurrenz zum Fernsehen vermittelbar?

Der Europäer hat in dieser Beziehung eine ganz andere Mentalität als der Amerikaner. Die Amerikaner gehen in die Halle und sagen: Let's have fun (Laßt uns Spaß haben, d. Red.). Über die Witze, über die man in Amerika lacht, würde man hier nicht den Mund verziehen. Die Amis wollen den mit dem Holzbein sehen, und hier sind die Leute anspruchsvoller.

Nennen Sie anspruchsvoll, wenn der einzige farbige Kämpfer mit dem Sprechchor: 'Husch, husch, husch, Neger in den Busch' begrüßt wird?

Dafür kann das Publikum nichts. ...

Wie bitte?

Letzte Jahr war der scharze Kämpfer Rocky Las Vegas hier, und der hat als erster vom Ring aus ins Publikum, wo Schwarze saßen, gerufen: Husch. husch, husch, Neger in den Busch. Das hat das Publikum aufgegriffen. Der Spruch kam von einem Schwarzen und kam als Bumerang zurück. Ich sehe da keine Bösartigkeit. Der Spruch reimt sich, es ist ein Lacher, und da ist nichts Abwertendes und Böses. Wenn man die Leute sieht, die rufen, und dabei ablachen, da ist kein Haß dahinter. Das wollen wir auch nicht in der Veranstaltung. Fragen: mad