Sexy unterm Weihnachtsbaum

■ Der körperbewußte Renner im Weihnachtsgeschäft: Body-Stocking für den Mann

Seit einem Jahr: Slip out, Body in

„Ich möchte so ein Teil da, aus dem Fenster.“ Was für ein Teil? „Wie es heißt, weiß ich nicht“. Der Mittzwanziger, schlank, hochgewachsen mit modischer Lederbaskenmütze zeigt ins Schaufenster. Ein Body-Stocking ist gemeint. „Größe vier bitte.“ Ines Henkel, Besitzerin des kleinen feinen Lädchens für Männerunterwäsche im Ostertor, taxiert den Kunden fachfraulich. „Fünf“, sagt sie bestimmt, „Sie brauchen die Länge.“ Doch der Kunde besteht auf dem kleineren

Modell: Es soll ein Geschenk für den Freund sein.

Keine fünf Minuten später betritt eine junge Frau den Laden. Sucht einen grün-schwarz-melierten Body aus, läßt einpacken. Es ist das Weihnachtsgeschenk für ihren neuen Freund. „Es ist der erste Body, den ich ihm schenke. Er hat aber schon einige.“ Warum? „... ist doch erotisch“, murmelt sie. Sicherheitshalber bittet sie um Umtauschrecht („ob ihm der gefällt?“).

Zwei KundInnen innerhalb von zehn Minuten — die Zufallsstatistik steht für den Trend des Weihnachtsgeschäftes: Der Body- Stocking für den Mann, zu deutsch: Unterwäsche in eins. Hemd und Hose als Einteiler. Mit Knopfleiste und Eingriff. Aber auch ohne. Sexy die hautenge Version aus Slip und Achselhemd, alternierend zu dem legeren Modell mit Ärmeln und Boxershort — zum Teil mit Beinen auch bis zum Knie.

Sämtliche Fabrikanten haben Männerbodys mittlerweile im Sortiment. Dabei haben die Einteiler ihren Eroberungsfeldzug erst vor einem Jahr begonnen. In Bremen liegt ihr Marktanteil im Bereich der Männerwäsche noch unter fünf Prozent. Trotzdem ist ihr Boom unübersehbar. „Rasant war es im November und Dezember“, so Wolfgang Brakhane, Geschäftsführer des Bremer Einzelhandelsverbandes. Hitfarben sind Weiß, Schwarz und Brombeer. Die Kunden sind nach Ansicht der Marktbeobachter so zwischen 20 und 30, oft auch Frauen, die die Bodys angeblich selbst tragen. Die meisten sind aus Baumwolle, Kosten: 50 bis 200 Mark. „Die Geschichte ist eine rein augenscheinliche Angelegenheit. Funktional sind die nicht“, meint Einzelhandelsfachmann Brakhane. Ob er selbst einen Body...? „Ich bin 41“, wiegelt er ab.

„Ältere Männer würden sie nie kaufen. Die denken doch gleich an die Dinger mit Klappe von früher“, sagt Ines Henkel, die, zunächst mit Schlipsen, seit vielen Jahren in der Männerbranche ist — sie weiß, wovon sie spricht. Gerade auch bei den Mittvierzigern habe sich zum Beispiel hartnäckig der Brauch gehalten, daß Frauen die Wäsche ihrer Männer kaufen: „Erst gucken sie sich zusammen das Schaufenster an, und dann kommt sie rein, und er bleibt draußen.“ Manch einer kommt sich auch tagelang die Socken betrachten, um dann ganz beiläufig irgendein scharfes Dessous „mit“einpacken zu lassen.

Die Kunden für Bodys sind, so Ines Henkel, so verschieden wie die einzelnen Modelle. Da sind zum Beispiel die Sportler, die für Jogging oder Radtouren in den Einteiler mit Ärmeln steigen: „Da rutscht kein Hemd raus und nix.“ Auch die „ganz Harten“ wählen diese Trikot-Version (bei der Stehpisser sich allerdings endgültig umgewöhnen müssen): „Die nehmen es in Kauf, sich auf dem Klo ganz ausziehen zu müssen. Da geht es nur um Schönheit. Bei den Frauen früher war es mit den Reifröcken ja auch nicht einfach“, erklärt Frau Henkel. Überhaupt sind Bodys ein Zeichen des veränderten Körperbewußtseins auch bei Männern.

Das Modell mit dem besonderen Sexappeal will sie dann doch noch zeigen, Black&White, hauteng mit weitausgeschnittenem Dekollete: „Da gehört natürlich ein guter Body rein. Keine Hühnerbrust.“ Über der Gürtellinie hat das Modell zwei rautenförmige Ausschnitte: „Da ziehen die Männer nur eine schwarze Hose drüber und zeigen Haut in der Disco.“ Wow! Birgitt Rambalski