Wenn Götter um Bullen wetten

■ Premiere von Martin Walz' Film »Sáska — Die Wette«

Höllisch langweilen sich die Götter. Zum Zeitvertreib spielen sie mal eben Schicksal. Wetten, daß... beispielsweise jener törichte Polizeikommissar nicht zu retten ist? Aus himmlisch nebulösem Off zu Kellner, Schaffner und Zugführer materialisiert, hat das göttliche Trio hienieden seinen Heidenspaß an irdischem Schabernack. Tatort: ein schlichtes Coupé, das arglos über Land rattert. Ein Kinderspiel, dem alternden Kommissar an Ort und Stelle eine Falle zu stellen. Ein junges Paar wie Beatrice und Thomas paßt dazu ganz wunderbar in den kriminalistischen Kram, reisen die beiden doch gehörig gestreßt vom gemeinsam durchgestandenen Urlaub heimwärts. Mit von der D-Zug- Partie sind allerlei Hinterwäldler samt Kind und Kegel, sowie zu guter letzt eine französisch angehauchte Schöne. Thomas schlüpft dann auch des Nachts zu ihr ins Nachbarabteil. Ein Seitensprung mit Konsequenzen, denn nun klaut Beatrice der gemeinen Kontrahentin die verführerischen Klunker. Höchste Eisenbahn für unseren Kommissar, Licht ins plötzlich über das Abteil hereingebrochene Dunkel zu bringen. Kurzerhand werden einige Indizien, darunter ominöse Schweizer Zigaretten, zu einem Tatmotiv kurzgeschlossen: Ruck-zuck liegt irgendwer in Handschellen.

Dummerweise traf es das Opfer, während das beziehungsgeschädigte Pärchen sich im siebten Himmel der Liebe neuerlich die Hand reicht. Die Götter ziehen die Notbremse und geben dem verschnupften Kommissar, der allmählich nicht mehr aus noch ein weiß, ein unübersehbares »Zeichen«. Unverwandt stiert das Auge des Gesetzes auf eine unwahrscheinliche Gleisverwerfung. Ein Knick im Schienenstrang, als wenn ein schwangeres Reh gestolpert wäre. »Ich sehe, was ich sehe. Ich höre, was ich höre. Und dann denk ich darüber nach, was es zu bedeuten hat«, rappelt es einem der dienstdämlichen Hilfsbullen durch den amtlichen Döskopf.

Eine kriminalistische Komödie des Berliner Debütanten Martin Walz (Jahrgang 1964), der mit glücklicher Hand von den in Deutschland selten ernst genommenen Möglichkeiten der vorzüglichen Prager Barradov-Studios profitiert. Wen wundert's, wenn Wim Wenders schwulstverhangener »Himmel über Berlin« beim kurzweiligen Exkurs über böhmische Dörfer genüßlich durch den profanierten Kakao gezogen wird, Handtkes Tief-/Blöd-Sinn auf Grund läuft: »Was ist denn mit dir los?« — »Nichts. Was soll denn los sein?« — »Keine Ahnung...« Dümmer als die Polizei erlaubt, weist sich der »Bulle« (der über 70jährige Rudolf Hrusinský, bekannt aus nahezu allen Jiri-Menzel-Filmen) ausgerechnet mit dem Kainsmal seiner Zunft aus, einem Enblem, das verdammt an eine argentinische Steakhauskette erinnert. Alles ist in schönstem Schwarz-Weiß fotografiert, ein wahrhaft wundervolles Licht-Spiel, das das titelgebende, nicht allzu zugkräftige Wettspiel bei weitem in den Schatten stellt. Der Orient-Express durch ein real-existierendes Niemandsland kommt immer dann so richtig in Fahrt, wenn Situationskomik die geläufigen Sicherungen aus den Angeln hebt, wenn beispielsweise ein kostbares Ringlein als corpus delicti die ungewisse Runde macht. »You'll never know the journey's end« — kommt die amüsante »Wette« zum weltklugen Schluß. Jedoch nicht, solange ein aufgestiegener Bulle zum Zuge kommt. Roland Rust

Martin Walz: »Sáska — Die Wette«. Buch: M. Walz. Kamera: Ivan Slapeta. Musik: Emil Viklichý. Titelsong: Paul Brasuell. Mit Beatrice Manowski, Thomas Wolff, Rudolf Hrusinský, Bruno Ganz, Otto »Pan Tau« Simánek. Schwarz-Weiß, 1990. 80 Min. Seit gestern in der Filmbühne am Steinplatz sowie im Moviemento.