Nierenkrebs dank Sachsens Wasser?

■ SPD-Studie: Nitratbelastung übersteigt die Grenzwerte/ 100 Millionen für Sanierung nötig

Berlin (dpa/taz) — Der Nitratgehalt des Trinkwassers in mehreren sächsischen Gemeinden übersteigt den zulässigen Grenzwert von 50 Milligramm pro Liter bei weitem. Zu diesem Ergebnis kommt eine von der SPD-Bundestagsfraktion in Auftrag gegebene Studie. Die sächsische SPD-Abgeordnete und Ärztin Helga Otto vermutet, daß die Nitratbelastung eine Ursache für die in den vergangenen Jahren zunehmende Zahl von Nierenkrebsfällen in der Region sein könnte.

Bei der von der SPD veranlaßten Probenentnahme in fünf Hausbrunnen in den sächsischen Orten Erlau und Frankenau ergaben sich Nitratwerte bis zu 120 Milligramm pro Liter. Auch in der Gemeinde Rochlitz lag der Nitratgehalt des Trinkwassers über dem 50-Milligramm- Grenzwert.

Verursacher ist nach Einschätzung des umweltpolitischen Sprechers der SPD-Bundestagsfraktion, Klaus Lennartz, vor allem die Landwirtschaft. Die zu DDR-Zeiten extrem betriebene Düngung mit Gülle führe zu den viel zu hohen Nitratwerten.

Laut Lennartz sind in der früheren DDR immer noch 300.000 Privatbrunnen, aus denen etwa 1,2 Millionen Menschen trinken, überhaupt nicht untersucht worden. Vielfach enthalten sie kein Grund-, sondern Oberflächenwasser schlechter Qualität.

Der SPD-Politiker warf bei einem Informationsbesuch in Sachsen Bundesgesundheitsministerin Gerda Hasselfeldt (CSU) vor, mit ihrer kürzlich getroffenen Aussage, es bestünden keine Gesundheitsgefahren für die ostdeutsche Bevölkerung, fahrlässig gehandelt zu haben. Lennartz forderte die Bundesregierung auf, die Qualität des Trinkwassers zwischen Ostsee und Erzgebirge umfassend untersuchen zu lassen und die Daten bekannt zu geben. Die SPD hatte im Bundestag einen entsprechenden Antrag eingebracht.

Auf dieser Grundlage müsse dann mit Bonner Finanzhilfe ein Sanierungskonzept entwickelt werden. Angesichts der Milliardenkosten könnten dafür nicht allein die ostdeutschen Länder und Kommunen herangezogen werden. Allein die Kosten für die Untersuchung der Wasserqualität bezifferte der Bundestagsabgeordnete Lennartz auf rund 100 Millionen Mark.

Bernhard Lange, Produktionsleiter bei der Erzgebirge-Wasser/Abwasser AG (EWA), machte die Dringlichkeit der Wassersanierung an einem Beispiel deutlich: Für die 8.000 Einwohner zählende Gemeinde Rochlitz mußte das Wasserwerk wegen zu hoher Schadstoffbelastung geschlossen und provisorisch eine Versorgung sichergestellt werden. Erst 1995 soll Rochlitz an das Fernleitungsnetz angeschlossen werden.

Die Sanierung des Versorgungssystems im gesamten Kreis Rochlitz mit seinen 35.000 Einwohnern wird von Lange auf 20 Millionen Mark veranschlagt. Noch ist offen, wie das Geld aufgebracht werden soll. och