Guter Rat ist teuer

■ Hat sich die Szene mit dem Kulturrat ein Kuckucksei gelegt?

Schluß mit dem Gepokere: Am 16. Januar will sich der „Kulturrat Bremen“ (KR) gründen (vgl. S. 31). Jahre der „Niemand-aus-der-Kulturbehörde-spricht-mit-uns“-Lamentos sind vorbei. Dann sollen aus den drei Bereichen Musik, Bildende Kunst und Theater/Literatur Delegierte, beispielsweise je vier, kommen, die je eine SprecherIn wählen, die in der Kulturpolitik der Stadt etliche Wörtchen mitreden sollen.

In einem Vor-Entwurf hat Prof. Jürgen Waller, Abt. Bildende Kunst, schon mal unverbindlich zusammengefaßt, was der Kulturrat dürfen soll. Sehr zu loben, daß der KR „die kulturelle Bildung der bremischen Abgeordneten fördern“ wird! Wie aber vertritt er „die Interessen der Bremer Künstler und Kunstvermittler“? Was heißt, er „vermittelt in strittigen Fragen zwischen Künstlern und Behörde“? Was wird er sagen, wenn er „bei Großprojekten zu Rate“ gezogen wird? Zum Beispiel der Umbau des Goethe-Theaters, des Focke-Museums: ressourcenfressende Vorhaben der Konkurrenz, für die der Kulturladen Gröpelingen womöglich weniger kämpfen will als für eine Halbtagskraft zur Stadtteil-Animation. Wer wird DelegierteR: die Schauspielerin oder der Verwaltungschef des Goethe-Theaters? Schon gärt es, ob sich Theater mit Literatur eine Stimme teilen mag. Eine weitere Sektion „Soziokultur“ ist in Gründung, einige Kulturläden und das Kubo trauen dem Braten nicht und warten skeptisch die Zusammenarbeit „mit Vetrtretern der etablierten Hochkultur“ ab.

Einige informelle, durchweg männliche Führungspersönlichkeiten sind dicht am Ball. Das sind die, die schon Verdienste erworben haben, die ZOKK aufzubauen, die Zentrale Organisation für Kunst und Kultur, die es erstmalig geschafft hat, Kultur zum Wahlkampfthema hochzureden.

Mit am ZOKKEN: Klaus Bernbacher, Landesmusikrat. Ob sich von ihm die Rockmusiker-Initiative vertreten fühlt? Oder besagter Jürgen Waller, FDP-Wahlkämpfer. An dem kommt man vielleicht schon deshalb schlecht vorbei, weil die Grünen finden, daß solche Menschen inm Kulturbeirat die Finanzmittelvergabe vorschlagen sollen, die „nicht zugleich Nutznießer des Fonds“ sind. Also raus mit dem Nießer Norbert Kentrup aus den Gremien!

InsiderInnen ahnen: entweder sie vertrauen auf die Demokratie und haben künftig nicht nur die Kulturbehörde über sich, sondern dazu noch gleich den, ihren, Kulturrat, der Förderwürdiges benotet. Oder man dealt sicherheitshalber selbst im Kulturrat mit. Längst, so hört man, wird auf ganz anderen Spezialschienen über weitere Umbaumillionen für Goethes und Waldaus Zukunft verhandelt.

Rosi Roland