Wie im Mafia-Film

■ Eine Sylvester-Abend-Geschichte

Am Sylvesterabend zogen meine Frau und ich mit einem befreundeten Ehepaar aus Rostock los, um Bremen bei Nacht zu erleben.

Gute Stimmung im Astoria undAuf den Höfen. Die Spielbank hatte wegen Streik geschlossen. Nun gut. Eine Discothek am Liebfrauenkirchhof hätten wir gerne mal von innen gesehen, verzichteten aber, da just in dem Moment, als wir kamen, zwei Gäste die Treppe hochgestoßen und vor die Tür geworfen wurden. Sie lagen am Boden. Zwei Hausangestellte setzten nach und traten und schlugen sie ganz schön brutal und ziemlich unnötig. Diesem St.-Pauli-Millieu wollten wir uns nicht aussetzen.

In einer recht vornehm aufgemachten Discothek in der Vahr ließ man uns gegen DM 10,-für Eintritt und Verzehr ein. Überrascht waren wir, als wir beim Verlassen der Disco eine Stunde später, es war inzwischen halb fünf geworden, aufgefordert wurden, pro Nase DM 15,-dazuzulegen: „für Getränke!“. Dabei hatten wir ausdrücklich nachgefragt, ob mit dem Eintrittsgeld alles abgegolten sei. Mißverständnisse kommen vor. Uns hatte man schlicht und einfach geleimt. Kein Reden half, kein Kompromiß war möglich.

Wir warteten eine halbe Stunde auf die — im übrigen dann sehr diplomatisch und doch verbindlich vorgehende - Polizei. Eine Handvoll junger Männer im chicen Abendanzug hielt uns so lange fest und behandelte uns wie Taschendiebe. Das traf uns unerwartet. Aber gottlob waren wir zu viert und nicht auf den Mund gefallen. Immerhin wurden wir nicht vermöbelt.

Erschreckt hat uns allerdings: Einem guten Dutzend Gäste, so zwischen 18 und 35, widerfuhr beim Verlassen des Lokals dasselbe. Auch sie wurden erneut zur Kassen gebeten. Nur einige widersprachen, kaum einer wehrte sich und dann nur kurz. Keiner bestand auf seinem guten Recht, sondern entzog sich der Situation mittels Zahlung, selbst verdient oder aus elterlicher Tasche.

„Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt!“ fiel offenbar nicht auf fruchtbaren Boden. Ich fühlte mich wie in einem der beliebten Mafiafilme. Unser Freund konnte sich nicht verkneifen zu sagen, daß ihn das Verhalten der einen wie der anderen Seite an frühere Zeiten in der DDR erinnere. Wir widersprachen ihm nicht. Sehen wir, alle so um die 50, das zu eng?!

Martin Korol, Bremen 41