Kanal schon ziemlich offen

■ Neue Räume für den „Offenen Kanal“ in Findorff / Start: April/Mai

Mit dem „Astoria“ hatte sich der Mietvertrag kurz vor der Eröffnung zerschlagen, jetzt ist die Landesmedienanstalt schnell fündig geworden und hat schräg gegenüber vom Schlachthof (Findorffstraße 22-24) schöne, helle, große 600 Quadratmeter für Studios und Verwaltung des „Offenen Kanals“ gefunden. Sogar die Deckenhöhe stimmt mit knapp fünf Metern über dem Fußboden: Das nimmt den Scheinwerfern die Hitze und erspart teures Dämm-Equipment. Renovierungsarbeiten und Innenausbau in Findorff sind in vollem Gange.

Die taz sprach mit Uwe Parpart, dem Beauftragten der Landesmedienanstalt für den Offenen Kanal Hörfunk und Fernsehen, über seine Pläne.

taz: Wann werden Bremer BürgerInnen denn nun ihre selbstproduzierten Beiträge für Radio und Fernsehen senden können?

Uwe Parpart: Sendestart ist Mai bis Juni 92, und vier Wochen vorher ist schon Buchungsbeginn: Da nehmen wir Buchungen der Nutzer entgegen, da stehen die Studios und Geräte zur kostenlosen Produktion zur Verfügung, da können sich Nutzer melden zu Kursen für Kameras, Studio-Einführung, Technik.. .

Am Anfang der Offenen Kanäle stand ja mal die Vorstellung, daß man, ganz demokratisch, alle Beiträge der BürgerInnen nach dem „Schlange“-System so sendet, wie sie hereinkommen. 'Viele senden, wenige gucken zu', kommentieren KritikerInnen das hämisch. Nun gibt es nach den Erfahrungen aus anderen Bundesländern doch eher die Vorstellung, das Material zu sortieren, Sendeplätze einzurichten — das ist aber dann ja nicht mehr der „freie und gleiche Zugang“ der BürgerInnen zum Medium, wie das Gesetz es will!

Doch! Wir haben ja kein Problem mit der Sendezeit. Wir werden wahrscheinlich zu so einer Regelung kommen: Wir geben 30 bis 40 Prozent der Sendezeit solchen Institutionen und Initiativen, die sich zutrauen, so einen Platz auch zu füllen. Einmal in vier Wochen eine halbstündige Magazinsendung zu produzieren, das ist schon viel! Wir dürfen und wollen dadurch den einzelnen Nutzer nicht behindern. Aber damit wir wiedererkennbar sind, auch für Gruppen, die sich auf einen Sendeplatz orientieren, wollen wir so einen Versuch wagen. Ohne einzugreifen. Langfristig müssen Offene Kanäle sicher auch an die Rezipienten denken: Was kommt am Bildschirm an, und wie kann man auf Programme orientieren.

Wieviel Sendeplatz gibt es denn?

Das wächst mit. Nicht wir, sondern die Nutzer machen ja das Programm. Wir beginnen mit einem Sendetag pro Woche, von 18-21 Uhr, und mit einer Wiederholung ab 22 Uhr. Wenn die Warteschlange wächst, kommt der 2., 3., 4. Sendetag, und irgendwann senden wir die ganze Woche. Es wächst mit dem Programmangebot, das Bremer Bürger machen. Für den Offenen Kanal Hörfunk gilt das gleiche.

Wenn Sie ans Publikum denken, brauchen Sie gute Beiträge. Das hat viel mit handwerklichem Können zu tun. Wie wollen Sie das hinkriegen, ohne die ProduzentInnen zu bevormunden?

Natürlich lehnen wir keinen Beitrag ab, weil er zu Hause mit eigener Kamera gedreht wurde! Aber es gibt auch das natürliche Interesse der Nutzer, besser zu werden. Das schaffen wir nur mit Angeboten zur Weiterqualifikation. Fast alle Bremer Weiterbildungsträger, auch Initiativen wie ViDeo, Schlachthof, Filmbüro machen ja jetzt schon Seminare. Anfangs müssen wir sicher viel Technik-Seminare anbieten. Das reicht aber nicht. Wir sprechen Dritte an, und die machen Angebote.

Haben Sie vielleicht ein Faltblättchen zu bieten, wo sich die BremerInnen über die Produktions- Möglichkeiten informieren können?

In der zweiten Januar-Hälfte kommt der „Bremer Medien-Kalender“ heraus, da haben wir mal unsere Kurse und die aller anderen Träger und Initiativen zusammengestellt. Etwas später gibt es zuätzlich eine Boschüre: Wie wird man Nutzer, was kann man senden und welche Kurse sind sinnvoll?

Mit dem normalen Fernsehen in Konkurrenz zu treten, ist ja schwierig. Vielleicht muß man den Offenen Kanal mehr als Freizeit-Beschäftigung sehen, wie Theaterbesuche oder Zoogehen. Das kann man angucken oder abschalten.

Genau. Und es gibt viele interessante Themen. Zum Beispiel die „Rosa Nordschau“ vom Bremer Rat&Tat-Zentrum. Das ist ein tolles Magazin! Die produzieren im Schlachthof und senden da und in Kneipen. Fast professionell. Oder Null-Sat, ein Schülermagazin! Wir sind nicht ausgewogen. Wir sind parteilos, aber parteilich im Sinne von Partei-Ergreifen. Es kann richtige Kontrversen geben mit heftigen aktuellen Reaktionen...

Der Bürger bekommt jetzt mal was zurück

Schnell und aktuell einen Film dagegenzudrehen, ist aber schwierig...

Wir haben eine aktuelle Stunde, da können die Leute sich vor die Kamera setzen, und wir haben extra eine aktuelle Kamera zum verleihen.

Sind das Konsequenzen aus dem etwas verschlafenen Offenen Kanal Hörfunk?

Ja, da gibt es leider nicht die Live- Möglichkeit, nur Casetten. Wir überlegen, ob wir nicht die Offenen Kanäle Radio und Fernsehen gemeinsam machen können. Wenn da noch das „Stadtradio“ mit spannenden aktuellen Beiträgen auf die Bürgerfunk-Welle kommen könnte, wär das auch eine spannende Sache.

Wie ist der Zeit- und Finanzrahmen? Ist Ihr Geld, was Sie für die Räume im Astoria im letzten Haushaltsjahr nicht ausgegeben haben, jetzt weg?

Nein. Wir hatten uns schon festgelegt, die Technik war längst bestellt. Wir haben auch schon Leute eingestellt. Einige Monate Miete zu sparen, konnten wir gut gebrauchen, weil der Offene Kanal mit ca. 800.000 Mark ausgestattet wird, für Hörfunk und Fernsehen, und das ist wenig. Und dann haben wir 700.000 Mark laufende Kosten, jeweils in Bremen und Bremerhaven, im Jahr. Personalkosten, Mieten, Rücklagen für Technik...

Das kriegen Sie aus den Rundfunkgebühren.

Genau. Der Bürger bekommt jetzt mal was zurück.

Fragen: Susanne Paas