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Aus Dresden zurück in Mosambik

■ Bittere Heimkehr: Die knapp 16.000 Mosambikaner, die in DDR-Betrieben gearbeitet und nach der deutschen Einheit ausgewiesen wurden, überleben zu Hause oft nur mit Hilfe von Erspartem

Maputo (dpa) — Der „Markt der Verzweiflung“ beginnt unmittelbar neben Maputos betriebsamstem Handelsflecken Estrela Vermelha, dem Roten Stern. Aufgestapelt türmen sich dort letzte Habseligkeiten der Regressados, jener Mosambikaner, die nach der deutschen Einheit aus der ehemaligen DDR in ihre Heimat zurückkehren mußten. Sie versuchen, mit dem Verkauf von mitgebrachten Aktenkoffern, Plattenspielern, Küchenherden oder Nähmaschinen letzte Reserven zu mobilisieren.

„Wer hier mit Anstand überleben will, ist zum totalen Ausverkauf gezwungen. Wie es danach weitergehen soll, weiß keiner“, schildert der Dolmetscher Vicente Chilaule die Lage. Seit er vor gut einem Jahr aus Guben nach Maputo zurückkehrte, hat er noch keine Arbeit gefunden. So wie ihm geht es den meisten der auf knapp 16.000 geschätzten Rückkehrer. Gut ein Jahr nach ihrer Ausweisung sind sie noch immer nicht in der Heimat integriert.

Die von Bürgerkrieg und Mißmanagement geplagte Wirtschaft des Landes liegt darnieder, Arbeitslosigkeit ist weit verbreitet. Die Lebenshaltungskosten dagegen schnellten seit Einführung der Marktwirtschaft im Jahre 1987 in die Höhe. Die Inflationsrate liegt derzeit bei 47 Prozent. Die von vielen DDR-Betrieben gezahlten 3.000 Mark Abfindung sind längst aufgezehrt. Nur ganz wenige schafften es, sich von Ersparnissen ein bescheidenes Häuschen zu bauen oder sogar ein Kleingewerbe zu gründen.

Selbst der Teil des Einkommens, den die DDR an den damaligen sozialistischen Bruderstaat zur Auszahlung in Landeswährung überwiesen hatte, wurde erst nach energischen Protesten Ende 1990 vom total überforderten Staat herausgerückt. „Am besten kamen diejenigen über die Runden, die hier noch eine Familie haben“, erklärt der 26jährige Francisco Baptista, bis Ende 1990 noch Textilfacharbeiter im VEB Frottana in Großschönen bei Dresden.

Der ehemalige Gruppenleiter wohnt bei seinen Eltern in einer Flüchtlingssiedlung. Mit dem Verkauf eines Plattenspielers aus DDR- Fabrikation versucht er, etwas zu den Lebenshaltungskosten beizusteuern. Seinen Anteil für Nahrungsmittel, Wasser und Strom setzt er pro Monat mit knapp 50.000 Meticais (48 Mark) an — das staatlich festgesetzte Mindesteinkommen wurde gerade auf 40.000 Meticais (39 Mark) monatlich angehoben.

Viele Rückkehrer hatten jedoch nicht das Glück der familiären Abfederung. Der seit 1975 tobende Bürgerkrieg hat viele Familien zerrissen. Von den rund 15 Millionen Einwohnern ist nach Schätzungen der Vereinten Nationen bisher rund eine Million Menschen durch die Kriegswirren ums Leben gekommen, eine weitere Million ins Ausland geflohen. Im Lande selber gelten drei Millionen als Vertriebene. Kriegswaisen wachsen in einem Umfeld aus Haß und Gewalt auf. Viele werden von Banden rekrutiert, leben von Räuberei und Erpressung.

Unterschlupf in einer Bande

Auch Rückkehrer aus der Ex-DDR sollen in die Kriminalität abgeglitten sein. Sie werden vor allem mit einer bewaffneten Gruppe in Verbindung gebracht, die sich nach den japanischen Elitekämpfern als Ninjas bezeichnen. „Viele sagen, bei den Ninjas seien auch Mosambikaner aus Deutschland, die ihr Geld durchgebracht haben“, sagt David Aflido Sueia, der sich auf einer Baustelle vor dem Fünf-Sterne-Hotel „Polana“ für den Mindestlohn abrackert. Früher Chemiefacharbeiter in Pirna, griff er zu, als sich ihm eine Stelle als Bauhilfsarbeiter bot.

„Mosambik hat ein enormes Potential an gut deutsch sprechenden Fachkräften, ohne zu wissen, was es damit machen soll“, erklärt Wolfgang Stiebens von der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) in Maputo. In seinem Büro treffen täglich Anfragen von Rückwanderern ein, die Arbeit suchen. Das bundeseigene Unternehmen hat mittlerweile eine Art Existenzgründungsprogramm für sie vorbereitet, das den Weg aus der Arbeitslosigkeit in die Selbständigkeit öffnen soll. Das im März 1992 beginnende Programm mit einem Gesamtvolumen von rund vier Millionen Mark sieht im ersten Jahr zunächst die Ausbildung von rund 300 Mosambikanern vor.

Ulrike Strack, verantwortliche Leiterin des Programms, schätzt: „Maximal fünf bis zehn Prozent der Rückkehrer haben überhaupt Unternehmermentalität.“ Ihrer Kenntnis nach wurden von den insgesamt 50.000 Mosambikanern in der DDR nur die gut ausgebildet, die zwischen 1979 und 1984 dort waren. „Danach wurden sie nur noch angelernt, um möglichst schnell in der Produktion eingesetzt zu werden.“

Leonardo Chivite (31) ist einer von denen, die früh in die DDR kamen. Er rechnet sich Chancen aus, nach Deutschland zurückzukehren, und kann einen triftigen Grund dafür anführen: Die Ausweisung kam der Heirat mit seiner deutschen Freundin und Mutter der beiden gemeinsamen Kinder zuvor. Jetzt will er das Versäumte nachholen. Sein Antrag bei der deutschen Botschaft in Maputo ist nur einer von vielen. Insgesamt bearbeitet die Bonner Mission zur Zeit zwischen 300 und 400 ähnliche Anträge. Ralf Krüger

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