Es bedarf eindeutiger Kriterien

■ betr.: "Haftentlassung als Signal an die RAF", taz vom 2.1.92, "Konsens für RAF-Haftentlassung", "Die acht RAF-Gefangenen, die freikommen sollen", taz vom 3.1.92

betr.: „Haftentlassung als Signal an die RAF“ von Klaus Jünschke, taz vom 2.1.92 „Konsens für RAF- Haftentlassung“, „Die acht RAF- Gefangenen, die freikommen sollen“,taz vom 3.1.92

Es wirft ein bezeichnendes Licht auf die bundesdeutsche Öffentlichkeit, daß die absolut überfällige Haftentlassung von Günter Sonnenberg, Bernd Rössner und Claudia Wannersdorfer überhaupt noch Diskussionsgegenstand wird. Die drei sind haftunfähig und müssen raus. Der Rest der „Justiz-Initiative“ behauptet rechtsstaatliche Praxis für sich. Doch wieso werden dann einzelne Namen gehandelt und nicht Kriterien genannt, wonach eine Haftentlassung erfolgen kann?

Nur ein Beispiel: Seit fast 17 Jahren sitzen die an der Stockholmer Botschaftsbesetzung beteiligten Bernd Rössner, Lutz Taufer, Karl- Heinz Dellwo und Hanna Krabbe im Knast. Warum stört sich niemand an der absolutistischen Haltung der „Justizkreise“, die nur Bernd Rössner und Lutz Taufer ihre „Rechtsstaatlichkeit“ gewähren wollen? Soll die „Initiative“ über ihr strategisches Kalkül hinaus ernstgenommen werden, bedarf es eindeutiger Kriterien, die für alle Gefangenen der RAF gelten.

Also mal abgesehen vom politischen Charakter der Urteile und des Strafmaßes. Politische Gefangene, die 15 Jahre oder länger sitzen kommen raus; bei Zeitstrafen die zwei- Drittel-Regelung. Der bisher immer eingeforderte Kotau des „Abschwörens“ darf von Gefangenen, die 15, 20 Jahre unter extremsten Haftbedingungen ihre politische Identität und Würde als radikale Linke bewahrt haben, nicht erwartet werden. Mittelalterliche Rituale sind wenig geeignet, gesellschaftlich was voranzubringen. Von den Gefangenen aus der RAF ist Produktiveres zu erwarten. Sie wollen sich ihrer und der Geschichte der Linken in den letzten 25 Jahren stellen, ihr Ziel ist die Analyse und Neubewertung der heutigen politischen und gesellschaftlichen Situation und die daraus zu ziehenden Schlußfolgerungen für eine revolutionäre Politik der Zukunft. [...] Reinhard Rohde, Celle

[...]Endlich wird der erste Schritt in eine andere Richtung getan. Wenn es richtig ist, was Wolflgang Gast von der „Duldung durch das Kanzleramt“ schreibt, muß man wohl bezüglich fehlender Mehrheiten keine allzu große Angst haben: So haben sich die Verhältnisse ja entwickelt, in diesem unserem Lande, daß ohne den Kanzler gar nichts geht, mit ihm aber vermutlich doch einiges. Was für eine schöne, beglückende Hoffnung gleich zu Jahresbeginn, es könnte das Morden durch die Terroristen aufhören und so, wie Jünschke sagt, der Weg zur Freilassung der Gefangenen freiwerden. Wirklich ein silberner Hoffnungsstreifen am Horizont des Jahres 1992. Dr. Elisabeht Kasch, Reinbeck