EG-Hubschrauber abgeschossen

■ Jugoslawische Luftwaffe schießt einen Hubschrauber der EG ab und zwingt einen weiteren zur Notlandung/ Serbische Nationalisten drohen Angriff auf Soldaten der UNO-Friedenstruppen an

Zagreb/Belgrad (afp/dpa/taz)— Ein Hubschrauber mit EG-Beobachtern ist gestern nachmittag von einer Maschine der jugoslawischen Luftwaffe abgeschossen und ein weiterer getroffen worden. Dies teilte das kroatische Verteidigungsministerium in einer Presseerklärung mit. Der Hubschrauber, in dem fünf EG- Beobachter gesessen hätten, sei von einer Rakete getroffen worden und anschließend explodiert. Der zweite Hubschrauber habe eine Notlandung machen müssen.

Damit dürften sich die Aussichten auf die Stationierung von UNO-Friedenstruppten und damit auch auf einen vorläufigen Frieden im jugoslawischen Bürgerkrieg weiter verdüstert haben. Zumal sich die Opponenten gestern alle Mühe gaben, auch rhetorisch weiter Porzellan zu zerschlagen. „Die Friedenstruppen sind Besatzer und werden von uns beschossen“, drohte gestern erneut der Chef der extremen nationalistischen „serbischen Volkserneuerungspartei“, Mirko Jovic, die größere Freiwilligenverbände in den Bürgerkrieg geschickt hat.

Auch die serbische Minderheit in Kroatien, in deren Siedlungsgebiet die 10.000 UNO-Soldaten stationiert werden sollen, haben den UN-Plänen für einen Frieden in Jugoslawien eine klare Absage erteilt: Ein geplanter Abzug der von Serbien beherrschten jugoslawischen Armee aus diesen Gebieten komme ebensowenig in Frage wie die Entwaffnung der serbischen Milizen.

Dem serbischen Präsidenten Slobodan Milosevic wird von der nationalistischen Opposition bereits „Kapitulation“ vorgeworfen, weil er dem UN-Plan zugestimmt und damit die Interessen der Serben in Kroatien verraten habe.

Kroatien sieht in den UN-Soldaten einen ersten Schritt auf dem Weg, die verlorene Kontrolle über die Serbengebiete in dieser Republik wiederzuerlangen. Sollten die UN- Truppen dazu nicht in der Lage sein, „werden wir den Krieg bis zur Befreiung jeder Handbreit kroatischen Bodens fortsetzen“, drohte Kroatiens Präsident Franjo Tudjman bereits. Diese Interpretation der UN- Vorhaben durch Kroatien könnte die Ankunft der Blauhelme verhindern. Denn nie war davon die Rede, daß die Friedenssoldaten diese Regionen an Kroatien zurückgeben sollen. Vielmehr soll hier ein neutrales Territorium geschaffen werden, um den Bürgerkrieg vorläufig zu beenden.

UN-Generalsekretär Butros Ghali hatte am Montag die Entsendung von 50 Militärbeobachtern angekündigt. Allerdings machte er die Stationierung einer 10.000 Mann starken Friedenstruppe von der vollständigen Einhaltung des Waffenstillstands abhängig.

In den kroatischen Medien wurde gestern jedoch zunehmend die Befürchtung geäußert, die Waffenruhe werde ab heute nicht mehr halten, weil die orthodoxen Weihnachtsfeiern vorbei seien. Die Serben feiern wie die orthodoxen Russen am 6. Januar Weihnachten.

Die serbisch dominierte Bundesarmee, so befürchteten gestern kroatische Zeitungen, würden die Feuerpause nur nutzen, um ihre Truppen neu zu gruppieren. ro