Ist der Tanker Technische Universität reformierbar?

■ Nächste Woche wird an der TU an zwei vorlesungsfreien Hochschultagen über die seit Jahren geplante Strukturreform diskutiert/ Ein Kompromiß ist bisher im Akademischen Senat gescheitert/ Der Konflikt wurde zum Politikum hochstilisiert/ Selbst das Verfahren der Hochschultage ist noch umstritten

Charlottenburg. An der Technischen Universität läuft der Countdown: Am Donnerstag und Freitag kommender Woche diskutiert die Uni an vorlesungsfreien Hochschultagen über ihre Struktur- und Studienreform. Seit zwei Jahren beschäftigt sich die TU mit einer grundlegenden Reform. Jenseits aller inhaltlichen Differenzen zwischen Dekanen, Studierenden und dem, was in dem im Akademischen Senat (AS) vorgelegten Kompromißpapier steht, lautet die Gretchenfrage: Kann sich eine Massenuniversität selbst reformieren, gelingt dem Tanker die Richtungsänderung?

Aus dem Tritt kam die Reform an einem Kompromiß zwischen den Anhängern einer Organisationsreform und jenen, die eine inhaltliche Umgestaltung verfechten: Den einen sollte mit der Bildung acht großer neuer Struktureinheiten — je nach Couleur Fakultäten oder »Planungsbereiche« genannt — entsprochen werden; den anderen mit der Einrichtung von »Studienbüros« und quer zur Fächerstruktur liegenden »Studienbereichen«. Ergebnis dessen wäre eine Matrixorganisation der Uni, wie sie in deutschen Landen weitgehend unbekannt ist.

Dieser Kompromiß scheiterte im Akademischen Senat — verkürzt gesagt — an der Art, wie ihn die politischen Strömungen betrachten wollen. Die Linken entdecken darin die Rückkehr zum Fakultätenmodell; sie sprechen von einer Ordinarien-Universität und geringschätzen die Studienbüros. Den Rechten wiederum sind die Kompetenzen von Studis und MittelbauerInnen in eben diesen Studienbüros zu groß; sie befürchten Unruhe und kritisieren eine zu erwartende Mittelverschwendung.

Die Unterschiede erscheinen unüberbrückbar und werden auch so gehandelt. Im AS warfen sich Studierende und Dekane beleidigt vor, die letzten Sitzungen »gesprengt« zu haben. Hinzu kommt eine geradezu babylonische Begriffsverwirrung. Studienbereiche, -dekanate, und -büros, Fakultäten, Fachbereiche oder Planungsbereiche — eigentlich weiß keiner mehr so genau, welches Konzeptbruchstück er gerade scharf ablehnt.

Vielleicht sind sich die KontrahentInnen in ihren Positionen näher, als sie glauben. Eine Stichprobe zum Thema Studienreform: Die Studierenden erklärten in ihren Besprechungen am Montag und Dienstag die Studienbüros — die sie etwas provokant »Studien-ZKs« nennen — für unverzichtbar. Zur gleichen Zeit sagte Eckhard Krüger, einer jener Dekane, die sich gerade den Kopf über eine »Strukturplanung von unten« zerbrechen, gegenüber der taz: »Da waren sich die Dekane einig, daß wir eine von innen gestaltete Studienreform brauchen.«

Die Sollbruchstellen sind — wie bei jedem Reformversuch an Unis seit den 60ern — bekannt. Die Studierenden wollen, daß die Universität für neue gesellschaftliche Anforderungen offen ist. Sie verweisen dabei auf ihre, die studentische Innovationskraft. »Die TU hätte die technische Entwicklung verschlafen«, sagt Bernd Fick, ehemals studentischer Vertreter im Strukturausschuß der TU, »wenn die Studierenden nicht gegen den Willen der Profs die Projektwerkstätten initiiert hätten.« Unverzichtbar ist für die Studis, daß sie endlich ihre demokratischen Mitwirkungsrechte wiederbekommen. Die ProfessorInnen pochen jedoch auf ihre in den Hochschulgesetzen festgeschriebene Mehrheitsposition — und hüten die Forschungspfründe wie Augäpfel.

Andere Differenzen gibt es beim Verfahren der Reform und konkret des Hochschultages. Manche ProfessorInnen gehen mit dem — bösen — Vorwurf der »Schwatzbude« durch die Universität und klagen, daß der Akademische Senat »nicht in der Lage ist, einen Beschluß zu fassen« (Krüger). Sie wollen Ergebnisse sehen. An den Hochschultagen begnügen sie sich, wie eine kleine Umfrage zeigte, mit sogenannten Sondersitzungen der Fachbereichsräte. Deren Besonderheit beschränkt sich darauf, daß im Aushang am Schwarzen Brett das Präfix »Sonder« vorkommt.

Die Studierenden bauen auf Vollversammlungen. Sie wollen die ProfessorInnen auf die Podien holen und mit ihnen diskutieren. So ist es etwa im Fachbereich für Verkehrswesen oder in der Mathematik. Die ChemikerInnen wollen die Studis am Mittwoch zusätzlich an Stellwänden und mit einem »knackigen« Referat über die Strukturreform aufklären. Christian Füller