Für 450 Mark wird Oxfort nicht Verfassungsrichter

■ Frühestens im Februar werden die neun Mitglieder des Landesverfassungsgerichtes gewählt/ FDP sucht Ersatz für Oxfort

Berlin. Jahrzehntelang mußte West- Berlin aufgrund alliierter Vorbehalte auf ein eigenes Landesverfassungsgericht verzichten. Doch auch 15 Monate nach dem Ende des Besatzungsrechts können die Regierungsfraktionen noch keinen definitiven Termin für die Bildung des Gerichtes nennen. Es gebe zwischen SPD und CDU inzwischen immerhin Einvernehmen über die Personen der neun Verfassungsrichter, behauptete gestern der justizpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Andreas Gram. Dem widersprach SPD-Fraktionssprecher Hans-Peter Stadtmüller. »Es gibt keinerlei Einigung«, sagte er. Die SPD-Fraktion habe über ihre eigenen Kandidaten noch nicht endgültig entschieden. Mit einer Wahl der Richter durch das Abgeordnetenhaus sei deshalb erst im Februar zu rechnen.

In beiden Fraktionen kursieren seit langem Kandidatenlisten für das Richteramt, offizielle Fraktionsbeschlüsse stehen jedoch auch bei der CDU noch aus. In der CDU-Fraktion werden die Abgeordneten Klaus Finkelnburg und Hubert Rösler, der Präsident des Oberverwaltungsgerichtes, Dieter Wilke, sowie die Bundesverwaltungsrichterin Helga Scholz-Hoppe gehandelt. Die SPD- Fachleute haben sich auf die Richterin am Oberverwaltungsgericht Renate Citron-Piorkowski sowie die Anwälte Ehrhart Körting und Klaus Eschen verständigt.

Stolpersteine stellten bisher die Kandidaten von Grünen und FDP dar, die SPD und CDU jeweils im Huckepackverfahren auf ihre Listen nehmen wollten. Während die CDU bisher nicht bereit war, einen grünen Verfassungsrichter zu akzeptieren, hatte die SPD starke Bedenken gegen den als rechtskonservativ geltenden FDP-Kandidaten Hermann Oxfort. Diese Hürden bestehen inzwischen offenbar nicht mehr. CDU-Sprecher Gram wollte gestern die Wahl eines grünen Richters nicht mehr ausschließen, wenn es sich um eine Person handle, die das Gewaltmonopol des Staates akzeptiere. Oxfort wiederum zog seine Kandidatur kürzlich in einem Brief an die FDP-Fraktion zurück. »Ich kann mir dieses Amt nicht mehr leisten«, sagte Oxfort gestern zur taz. Der Grund dieses Sinneswandels ist eine Gesetzesänderung, die CDU und SPD im Herbst beschlossen hatten. Danach sollen die Richter nach dem Vorbild anderer Bundesländer nur noch relativ geringe Aufwandsentschädigungen in Höhe von 450 Mark erhalten, außerdem Zuschläge für die einzelnen Sitzungen und Entscheidungen. Ursprünglich hatte das Parlament den Richtern mit 4.790 Mark dieselben Bezüge wie Abgeordneten zugestehen wollen, war damit jedoch auf breite Proteste gestoßen.

Die Christdemokraten reagierten gestern überrascht auf Oxforts Rückzug. »Wir sind darüber nicht traurig«, meinte dagegen SPD-Sprecher Stadtmüller. Mitte nächster Woche, so FDP-Fraktionsgeschäftsführer Jürgen Biederbick, werde seine Partei einen neuen Kandidaten präsentieren.

Während Oxforts Rückzug die Fronten zwischen CDU und SPD begradigt hat, steht der Koalition womöglich ein neuer Streit um die SPD- Kandidatin Citron-Piorkowski ins Haus. Mit kritischen Worten zum Koalitionsentwurf für ein neues Polizeigesetz handelte die Richterin sich am Montag hochgezogene Augenbrauen auf der CDU-Bank ein. Bei Gram weckte ihr Vortrag »ernsthafte Zweifel an ihrer Fachkompetenz«. »Andererseits«, schränkte der CDU- Abgeordnete ein, »kommt man nicht ins Oberverwaltungsgericht, wenn man eine Nullnummer ist.« hmt