Faustpfand für Milosevic

■ Serbische Extremisten vorerst an der Leine

Faustpfand für Milosevic Serbische Extremisten vorerst an der Leine

Alle Friedensstifter, kommen sie nun von der EG oder den Vereinten Nationen, müssen bei ihrem Einsatz in Ex-Jugoslawien mit dem Risiko für Leib und Leben umgehen. Irritationen im Bezug auf den eingeschlagenen Weg darf es deshalb nicht geben. Wenn die EG die Beobachtertätigkeit wegen des Abschusses eines Hubschaubers einstellen will, zeigt sich zwar Verantwortungsbewußtsein gegenüber den eigenen Leuten, politisch jedoch demonstriert Europa damit Kurzatmigkeit. Der vom Weltsicherheitsrat ausgesprochene feste Wille, an dem Einsatz von UNO-Truppen festzuhalten, klingt da besser, ist allerdings noch keiner handfesten Probe unterzogen worden.

Mit dem Abschuß der Hubschrauber der EG wird auf serbischer Seite vor allem dies demonstriert: Die Disziplinlosigkeit innerhalb der jugoslawischen Bundesarmee und der Ungehorsam der serbischen Freischärlerverbände sowie mancher Führer der Serben Kroatiens gegenüber der militärischen und politischen Führung in Belgrad bleibt eine stete Quelle von Provokationen. Mit der Suspendierung des für den Abschuß des EG-Hubschraubers verantwortlichen Generals Zvonko Jurijevic ist immerhin ein Anfang gemacht, dem entgegenzuwirken. Doch es wird sich erst noch zeigen, ob der Oberkommandierende General Kadijevic die Kraft hat, den ungehorsamen General vor ein Kriegsgericht zu bringen. Und der Rückzieher von Milan Babic, dem Führer der Serben in Krajina, der nun doch UNO-Truppen auf seinem Gebiet zulassen will, deutet auf die Durchsetzungsfähigkeit des serbischen Präsidenten Milosevic. Doch werden die im bisherigen Krieg bewußt an der langen Leine geführten Freischärlerverbände jederzeit den eingeleiteten Befriedungsprozeß stören können, wenn der politische Wille für den Einsatz der UNO-Truppen bei einigen Beteiligten geschwächt wird.

Und dies ist jederzeit möglich. Milosevics Trumpf gegenüber den Radikalen im eigenen Lager ist das Versprechen, ein serbisch dominiertes neues Jugoslawien aus der Taufe zu heben. Diese Strategie steht und fällt mit Erfolgen bei den kommenden Verhandlungen bezüglich der Eingliederung der mehrheitlich serbischen Gebiete in Kroatien. Milosevic hat offensichtlich auf die USA gesetzt und weiß, daß EG-Länder wie Griechenland und Großbritannien für seine Strategie Verständis haben. Für ihn ist es ein Erfolg, die deutsche Diplomatie in bezug auf den Krieg in Kroatien in Gegensatz zu den USA gebracht zu haben. Und über einen Trumpf verfügt er allemal: Sollten die sich abzeichnenden Spannungen zwischen den westlichen Ländern wider Erwarten gemindert werden, kann er jederzeit die Leinen für die bewaffneten serbischen Extremisten lockern.

Erich Rathfelder