Offene Jugendarbeit gegen Rechtsradikalismus

Bonn spendiert den neuen Ländern 20 Millionen Mark/ Aktionsprogramm gegen Neonazismus/ Unklares Konzept  ■ Von Annette Rogalla

Berlin (taz) — Heute werden in Berlin offiziell 20 Millionen Mark aus dem Bundesjugendministerium an die fünf neuen Länder plus Ost-Berlin freigegeben. Mit dem Geld sollen Weiterbildungsangebote für Pädagogen und ein „Aktionsprogramm gegen Aggression und Gewalt“ finanziert werden. Entsprechend dem Anteil der Jugendlichen teilen sich die Länder die Millionen. Sachsen liegt an der Spitze mit 4,2 Millionen Mark für das Aktionsprogramm, am unteren Ende rangiert Ost-Berlin mit 1,2 Millionen.

Die Hochburgen der Rechtsradikalen sollen in das Aktionsprogramm eingebunden werden. Im Bundesjugendministerium setzt man auf Konzepte der „offenen Jugendarbeit“. So schwammig wie der Begriff, so verschwommen sind auch die inhaltlichen Vorstellungen: Streetworker sollen Skins auf der Straße ansprechen, Fan-Projekte nach westdeutschem Muster werden geplant, triste Jugenklubs sollen ihr mieses Image mit interessanten Freizeitangeboten wegputzen.

Wie das auf drei Jahre angelegte Aktionsprogramm in den einzelnen Bundesländern umgesetzt werden soll, ist völlig unklar. Erst zwei Teilkonzepte liegen vor. Berlin beantragt für östliche Stadtbezirke ein Streetworker-Programm. Brandenburg möchte ein Begegnungszentrum für Deutsche und Nichtdeutsche in Peitz und für Cottbus unter anderem ein Jugendwohnprojekt.

Die Gemeinde- und Landesjugendämter in den neuen Bundesländern sind mit dem Aufbau einer neuen Jugendarbeit überfordert. Die in Westdeutschland existierende Struktur der freien Wohlfahrtsverbände, die zum überwiegenden Teil die Jugendarbeit tragen, fehlt in den östlichen Bundesländern gänzlich. Dieses Manko will Bundesjugendministerin Angela Merkel (CDU) mit einem weiteren Soforthilfe- Programm ausbessern. 50 Millionen Mark sollen als Strukturhilfe zum Aufbau der Jugendpflege an freie Träger gezahlt werden. Allerdings ist dieses Programm auf ein Jahr beschränkt. Und darin liegt sein größter Schwachpunkt: Wenn freie Träger nicht wenigstens mittelfristig abgesichert werden, sind demnächst erste „Sozialruinen“ in den neuen Ländern zu befürchten. Ob sich die Wohlfahrtsverbände auf eine ungesicherte Ost-Zukunft einlassen werden, entscheidet sich kommenden Dienstag, wenn sie sich in Berlin zu einer letzten Anhörung mit dem Bundesjugendministerium treffen.