War niemands Zeitgenosse...

WAR NIEMANDS ZEITGENOSSE, wars in keiner Weise,

solch Ehre ist zu hoch für mich.

Ein Greul, wer da so heißt, wie sie mich heißen,

das war ein andrer, war nicht ich.

Zwei Schlummeräpfel nennt die Zeit ihr eigen,

ihr Herrschermund ist lehmig-schön.

Doch wird er sich der welken Hand entgegenneigen

des Sohns, der altert, im Vergehn.

Mit ihr, der Zeit, hob ich empor die Lider,

die schmerzenden, das Schlummerapfelpaar,

und sie, die Ströme, sie erzählten wieder:

wie Menschenzwist entbrannte, Jahr um Jahr.

Ein Faltbett, leicht, das schimmerte von Kissen,

vor hundert Jahren... Tönern, fremd,

so streckt' sich drauf ein Leib, dem Schlaf entrissen:

der erste Rausch der Zeit — zu End.

Der Welten Rasselschritt, und dies, inmitten:

dies Bett hier, leicht, so leicht.

Nun, da wir keine sonst zusammenschmieden,

so laßt uns zeiten mit der Zeit.

In heißen Stuben, unter Zelten, Plachen,

da stirbt die Zeit — und alsobald:

das Schlummerapfelpaar, auf hörnerner Oblate,

es leuchtet, weiß, es strahlt.

Ossip Mandelstam, aus: Paul Celan, Übertragungen aus dem

Russischen; S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt/M, 1986