Zu kurz gegriffen

■ betr.: "Das wahre Gesicht", Leserbrief von Horst Blume aus Hamm zum Thema THTR in Hamm-Uentrop, taz vom 3.1.92

betr.: „Das wahre Gesicht“, Leserbrief von Horst Blume aus Hamm zum Thema THTR in Hamm-Uentrop, taz vom 3.1.92

Horst Blume schreibt, daß ausschließlich die unlösbaren technischen und finanziellen Probleme des THTR zu seiner „Stillegung“ geführt hätten. Diese Erklärung greift allerdings zu kurz.

Wir möchten darauf hinweisen, daß es noch andere, sehr wichtige Gründe für das „Ende“ des THTR gibt. Zum einen war die „Stillegung“ ein politisches Pokerspiel, und zum anderen hatte dieser Reaktor seinen Demonstrations- und Forschungszweck — zu dem er errichtet wurde— durchaus erfüllt. Der THTR ist vor allem deshalb gebaut worden, um herauszufinden, welche technischen Probleme bei einem Hochtemperaturreaktor dieser Größenordnung auftreten können, um Betreiber (VEW) und Atomindustrie in die Lage zu versetzen, bei zukünftigen HTR-Reaktoren (nicht THTR) gerade diese technischen Fehler zu vermeiden. Weil massiv auftretende technische Probleme beim Bau des THTR durchaus einkalkuliert waren — da man ja mit einem Kugelhaufenreaktor dieser Größe noch keine praktischen Erfahrungen gesammelt hatte — teilen wir auch nicht die Auffassung vieler Atomkraftgegner, daß die Unzulänglichkeiten des THTR für die Atomlobby ein Desaster darstellen.

Der Reaktor in Hamm-Uentrop war für die Atomindustrie nur ein weiterer Schritt in einem technischen Entwicklungsprozeß, an dessen Ende ein HTR stehen soll, der technisch soweit perfektioniert ist, daß er möglichst wenig Störfälle aufweist und damit auch der Öffentlichkeit leichter „schmackhaft“ gemacht werden kann (letzteres wollen wir nicht hoffen).

Entgegen vieler anderslautender Einschätzungen aus Anti-AKW- Kreisen, läuft die Weiterentwicklung der HTR-Linie — massiv von der VEW gefördert — auch zur Zeit auf Hochtouren, was von der Atomlobby natürlich nicht an die große Glocke gehängt wird.

Daß der Betrieb des THTR forschungspolitisch internationale Bedeutung hatte, ist auch daran zu erkennen, daß es sich bei der Betreibergesellschaft HKG um ein „gemeinsames, europäisches Unternehmen“ handelt, bei dem auch andere Länder Zugriff auf die technischen Erfahrungen haben, die mit diesem Reaktor gesammelt wurden. Von daher ist es ehrer irreführend, wenn in Anti- Atom-Kreisen häufig der Eindruck erweckt wird, als handle es sich beim THTR lediglich um eine Art „Lieblingsspielzeug“ der NRW-Landesregierung. Hinter der Landesregierung steht eine international organisierte Atommafia, die ein massives Interesse daran hat, die HTR-Linie (nicht THTR) in aller Welt zu vermarkten. Aktion gegen Atomanlagen

Kamen/Bergkamen