Lesebrief(e)
: Doch Drogen-Ambulanz im HGA?

■ Offener Brief von "Wir im Viertel" an Bgm. Wedemeier

Sehr geehrter Herr Wedemeier, in den letzten Tagen hat es in der Presse widerspüchliche Meldungen hinsichtlich einer Medizinischen Ambulanz im HGA gegeben:

Nach einer Verlautbarung seiner Pressesprecherin betreibt das Gesundheitsressort weiterhin die Einrichtung einer Medizinischen Ambulanz im HGA. Frau Linnert, sozialpolitische Sprecherin der Grünen Verhandlungskommision, erklärte, dieses Projekt werde nicht realisiert, die Koalition habe sich darauf verständigt, die Drogenabhängigen in dezentralen Beratungsstellen im Rahmen eines Busprojekts medizinisch zu versorgen. In diesem Sinn sind auch einer Delegation von Anwohner-Initiativen in Cuxhaven von Frau Linnert, Herrn van Nispen und Herrn Scherf Zusagen gemacht worden. Damit stehe die Koalition, so Frau Linnert gegenüber den AnwohnerInnen „im Wort“. Es hat uns daher sehr unangenehm überrascht, daß das Gesundheitsressort entweder von dieser Koalitionsabsprache keine Kenntnis hat oder versucht, eine davon abweichende Politik zu betreiben, gleiches gilt für das Mitglied Ihrer Partei u. Fraktion, Fr. Steinhöfel (taz v.4.1.92). Da die designierte politisch Verantwortliche für diesen Politikbereich noch nicht im Amt ist, von der zwischenzeitlich das Ressort mitverwaltenden Frau Uhl möglicherweise keine verbindlichen Aussagen zu erhalten sind, wenden wir uns heute an Sie mit der Bitte, zu folgendem eindeutig und verbindlich Stellung zu nehmen:

1. Wir erwarten von Ihnen eine klare Bestätigung der Koalitionsabsprache, daß der neue Senat keine Medizinische Ambulanz im HGA einrichten wird.

2. Wir fordern Sie auf, den Kräften im Gesundheitsressort und Ihrer Fraktion, die weiterhin das Projekt „Drogenambulanz im HGA“ betreiben, öffentlich entgegenzutreten. Das sollten Sie auch im Interesse des gesamten neuen Senats tun, damit nicht Zweifel an der Glaubwürdigkeit und Verbindlichkeit von politischen Zu- und Aussagen entstehen.

3. Wir wünschen uns eine inhaltliche und zeitliche Präzisierung des Konzepts einer medizinischen Versorgung von Drogenabhängigen in dezentralen Beratungsstellen (wo?) im Rahmen eines Busprojektes. Im übrigen möchten wir Sie noch einmal dringend bitten, in allernächster Zeit im Rahmen eines „Runden Tisches“ zum Thema „Drogenpolitik in Bremen“ unter Ihrer Leitung ein Gespräch zwischen den verantwortlichen Politikern, den betroffenen AnwohnerInnen (Initiativen), dem Drogenbeauftragten, dem Ortsamt und den Vertretern der Beiräte Mitte/östl. Vorstadt sowie den in der Drogenhilfe Tätigen (z.B. Drobs, AK Drogen) zu initiieren. Das wäre eine gute Gelegenheit, die nach der Wahl verbal auch von Ihnen beschworene Notwendigkeit einer neuen politischen Kultur, einer bürgernahen Politik in die Tat umzusetzen. Wir erwarten noch in diesem Monat eine Antwort von Ihnen, da am 11.2.92 der Beirat Östl. Vorstadt die nicht mehr erträgliche Situation aufgrund der Drogenprobleme im Viertel in einer öffentlichen Sitzung diskutieren und dazu Beschlüsse fassen wird. Es wäre nicht nur für unsere Arbeit, sondern sicher auch für den neuen Senat hilfreich, wenn auf dieser Sitzung den BürgerInnen die Grundzüge einer veränderten, das Viertel entlastenden Drogenpolitik vorgestellt werden könnten. Mit freundlichen Grüßen

Ingrid de Boer, Stefan Schafheitlin (Wir im Viertel (WIV))