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Teufelsaustreibung mit eigenem Profil

Auf dem Mannheimer Parteitag der baden-württembergischen SPD gab es statt Verbalausbrüchen gegen die regierende CDU wirtschaftspolitische Profilierungsversuche des Spitzenkandidaten Spöri  ■ Von K.-P. Klingelschmitt

Mannheim (taz) — Alle hatten sich richtig lieb auf dem Landesparteitag der baden-württembergischen Sozialdemokraten am Samstag in Mannheim: Spitzenkandidat Dieter Spöri umarmte Landesvorstandschef Ulrich Maurer, Maurer umarmte die Bundestagsabgeordnete Herta Däubler-Gmelin, und Däubler- Gmelin umarmte Spöri. Die „Enkel“ im Südwesten, die bei den Landtagswahlen am 5. April die letzte CDU- Bastion im Westen der Republik schleifen wollen, haben sich vorgenommen, „gelassen, freundlich, tolerant und mit Grandezza“ ( Maurer) in die heiße Phase des Wahlkampfs zu gehen. Man werde im „Land der Querdenker“ nicht auf die „Angstbeißerei“ der Christdemokraten reagieren, die mit dem „Rücken an der Wand“ stünden, sagte Spöri.

Nach Engholm, Schröder, Eichel und Scharping will mit Dieter Spöri (48) der fünfte Sozialdemokrat aus der Riege der „Alt-68er“ Ministerpräsident eines Bundeslandes werden. Doch im bodenständigen „Land der Sparer“ (Spöri) hat es der Spitzenkandidat einer Partei, der noch immer der Ruch der wirtschaftspolitischen Inkompetenz anhängt, besonders schwer. Deshalb legte Spöri in seiner Grundsatzerklärung besonderes Gewicht auf die ökonomischen Aspekte des Regierungsprogramms, das auf dem Parteitag — bei nur einer Gegenstimme — von den mehr als 300 Delegierten (fast) ohne Aussprache verabschiedet wurde. Und er holte den IBM-Topmanager Peter Hofelich als Wirtschaftsminister in sein paritätisch besetztes Schattenkabinett.

Daß die vom hemdsärmeligen Spitzenmann demonstrativ zur Schau gestellte Seriosität das Auditorium im „Rosengarten“ eher langweilte, war wohl eine der bittersten Erfahrungen, die Spöri im Vorfeld des von ihm prognostizierten „Regierungswechsels“ bislang machen mußte: Die Delegierten erwarteten kämpferische Verbalausfälle ihres „Dieterle“ gegen die noch amtierende Regierung Teufel — und mußten sich knapp zwei Stunden lang ein volkswirtschaftliches Referat anhören. Die „Teufel“ in Spöris Rede waren die Japaner, die mit dem neuen Konzept der „schlanken Produktion“ vor allem in den Branchen weltweit die Führungspositionen übernommen hätten, die auch im Bundesland Baden-Württemberg bislang den Wohlstand der Bevölkerung sicherten: Automobil- und Machinenbau, Elektronik- und Mikroelektronikindustrie. Spöri warf der christdemokratischen Landesregierung vor, die „Größenordnung der japanischen Herausforderung nicht einmal ansatzweise erkannt“ zu haben. Und deshalb müsse die Regierung Teufel „alleine schon aus wirtschaftspolitischer Vernunft heraus“ abgewählt werden. Als er dann noch auf die „Krise der Zulieferer im Automobilbau“ einging und „Modellprojekte zur Förderung der Entwicklung gemeinsamer elektronischer Steuerungssysteme im Maschinenbau“ ankündigte, rührten sich im Saal kaum noch Hände zum Beifall — dafür rührten viele Delegierte verträumt in ihren Kaffeetassen.

Daß der Anwärter auf den Ministerpräsidentensessel eine „konzertierte Aktion“ zur Rettung der Automobilindustrie und ihrer Zulieferer einklagte und gleichzeitig — ohne den Zielkonflikt zu benennen — die „gefährliche Abhängigkeit des Landes vom Auto“ beklagte und eindringlich vor der „ökologischen Krise mit Verkehrsstaus und Müllhalden“ warnte, bemerkten allerdings nur ein paar Jungsozialisten im Foyer. Doch als dann in der Mittagspause die Spätzle nicht für alle Delegierten und Journalisten reichten, wurde hinter vorgehaltener Hand kräftig gefrozzelt: „Ist das etwa die neue Wirtschaftspolitik der SPD?“ Parteichef Maurer hatte nämlich zuvor „lautem Protestgeschrei“ eine klare Absage erteilt und die Delegierten generell „auf das Machbare“ eingeschworen: „Keine Utopien — keine Experimente.“ Nie seien die Chancen für einen Machtwechsel im „Ländle“ so gut wie heute gewesen: „Die CDU ist nur noch mit peinlichen Skandalen beschäftigt und personell ausgezehrt.“

Von Prozentpunkten redete an diesem Samstag im „Rosengarten“ kein Spitzenpolitiker und kein Delegierter — „erst kämpfen, dann zählen“ (Maurer). Dabei startet die baden-württembergische SPD ihren Generalangriff aus dem Keller heraus: Schlappe 32 Prozent hatten die WählerInnen den Genossen bei der letzten Landtagswahl zugestanden. Und die CDU holte sich mit 49 Prozent die Mehrheit der Sitze im Landtag von Stuttgart. Da war Lothar Späth noch nicht „abgestürzt“, und das „Ländle“ boomte. An Späth, so Spöri, habe man sich wenigstens noch „politisch reiben“ können, auch wenn damals schon „vieles fragwürdig oder nur heiße Luft“ gewesen sei: „Heute gibt es in der Landesregierung keine nennenswerten Initiativen mehr, an denen man sich reiben könnte.“ Und deshalb spüre die Mehrheit der Menschen in Baden-Württemberg, daß diese CDU- Regierung abgelöst werden müsse. „Zwei gelbe Pöstchen im schwarzen Kabinett Teufel“, so Spöri abschließend zu den Delegierten, würden den „politischen Neuanfang“ nicht garantieren. Daß er selbst vielleicht zwei oder drei grüne Pöstchen vergeben muß, um im Frühjahr Ministerpräsident des Landes werden zu können, sagte Spöri nicht, dafür aber Parteifreund Maurer: „Wir werden sicher einen uns nahestehenden Koalitionspartner brauchen.“

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