Abschiebeknast — wie im Kerker

■ Ostertorwache: Flüchtlinge warten in fensterlosen Zellen wochenlang auf ihre Abschiebung

Die sogenannte „Beruhigungszelle“ ist fensterlos. Noch nicht einmal ein Bett steht in dem winzigen Kellergewölbe, nur eine festverankerte Holzkiste als „Pritsche“. Anstelle des Heizkörpers ragt ein gemauerter Belüftungsschacht aus der Wand, aus dem sich der Geruch nach abgestandenem Urin zu verbreiten scheint. „Renitente“ Häftlinge werden hier untergebracht.

Doch auch die anderen 14 Zellen im Erdgeschoß der Ostertorwache sind nicht viel besser ausgestattet: Glasbausteine anstelle des Fensters lassen nur spärlich Tageslicht herein. Die Zellen sind je nach Größe mit zwei bis sieben Stahlrohrbetten plus Klo bestückt. Belüftet werden sie nicht gerade üppig durch einen gekippten Glasbaustein.

Untergebracht werden in diesem Kerker allerdings nicht etwa besonders schwere Verbrecher: Die Ostertorwache ist lediglich „Polizeigewahrsam“, hier landen z.B. randalierende Hooligans nach Fußballspielen, warten Häftlinge auf ihren Rücktransport nach Gerichtsverfahren. Doch was viel schlimmer ist: Hier, wo die Gestapo einst folterte, warten auch Flüchtlinge mit gescheitertem Asylverfahren auf ihre Abschiebung.

Einige Tage nur, wenn sie das Glück haben, daß ein Anwalt Haftbeschwerde einreicht. Viele Asylsuchende sitzen aber auch mehrere Wochen in dem Verließ: wenn die Papiere, die sie zur Rückreise in ihr Herkunftsland brauchen, noch nicht vorliegen. Für manche Länder (wie für die Türkei) können die Ausländerbehörden dann Ersatzausweise ausstellen. Doch nicht für alle. Dann hat es in Einzelfällen auch schon ein Vierteljahr gedauert.

45 Minuten am Tag dürfen die „Abschieber“, wie sie von den Wachhabenden genannt werden, im Innenhof der Wache Luft schnappen. Für eine der Zellen haben die Beamten einen ausrangierten Fernseher organisiert. Er ist der einzige Lichtblick für diejenigen, die in ihrer Heimat vom Flughafen oft wieder direkt in den Knast wandern.

Gegen den Alltag im Abschiebeknast sind die Bedingungen im normalen Strafvollzug fast paradiesisch. „Menschenunwürdig“, sagen einige Anwälte. „Nicht so befriedigend“, nennt sie auch August Lindemann, Polizeioberkommissar und zuständiger Dienststellenleiter in der Ostertorwache.

Anwälte beklagen sich allerdings auch über die wachhabenden Beamten: Sie würden die Besuchszeiten recht willkürlich handhaben und nur Anwälte, Verwandte und nahe Angehörige zu den Flüchtlingen lassen. Einer Freundin wurde zum Beispielder Besuch ihres Freundes nicht gestattet, ein Mitarbeiter einer Bremer Ausländerinitiative mit dem Gummiknüppel abgewimmelt.

August Lindemann weiß von diesen Vorgängen nichts, kann sie sich nicht vorstellen. Nur wenn „die Sicherheit nicht gewährleistet“ werden könne, komme es schon einmal vor, daß „wir den Dienst nicht mit fremden Leuten belasten können“. Dies ist nach Aussage Lindemanns der Fall, wenn einmal der übliche Personalschlüssel pro Schicht nicht eingehalten werden kann: Wenn etwa Kollegen einen Gefangenentransport begleiten, bei Krankheit oder Urlaub. Und daß Besucher nach telefonischer Voranmeldung doch wieder weggeschickt wurden? Das könne nur passieren, wenn zwischenzeitlich ein Schichtwechsel (täglich um 14 und 22 Uhr) stattgefunden habe, so Lindemann.

Auch daß Rechtsanwälte von ihren Mandanten aus der Abschiebehaft nicht benachrichtigt werden konnten, ist seiner Ansicht nach nicht möglich: „Der Rechtsanwalt wird unverzüglich informiert. In der Regel ist das zu jeder Zeit möglich“, betont Lindemann. Theoretisch braucht der Abschiebehäftling nur die Klingel zu drücken und seine Wünsche anzumelden. Die Beamten erledigen dann das Telefongespräch für den Schützling an ihrem Dienstapparat. Daß sie dies nur in der Mittagspause versuchen, oder abends nach Geschäftsschluß oder versehentlich mit falscher Nummer — davon weiß Herr Lindemann nichts.

208 Personen wurden 1991 durch die Ostertorwache geschleust. Abgeschoben wurden im vergangenen Jahr 172 Personen, von denen aber nicht alle auch in der Ostertorwache landeten. 69 der Abgeschobenen hatten gegen das Betäubungsmittelgesetz verstoßen. Birgitt Rambalski