EG ja — Ausländerwahlrecht nein

■ Französische Rechte will Sonderkonditionen in Maastrichter Verträgen/ Mitterrand will Referendum

Paris (afp/taz) — Wenn „mehr Europa“ auch nur ein ganz klein wenig nach „mehr Rechten für Ausländer“ klingt, schlägt die Rechte schon Alarm: So passiert es in diesen Tagen in Frankreich, wo die in Maastricht ausgehandelten EG-Verträge am Veto der konservativen Neugaullisten und der rechtsradikalen Front National scheitern könnten. Die beiden Parteien, die in der Nationalversammlung in der Opposition sitzen, wehren sich vor allem dagegen, daß in der Politischen Union auch Ausländer das kommunale Wahlrecht erhalten sollen.

Dabei haben die Regierungschefs der zwölf EG-Länder sich im Dezember bereits auf einen Kompromiß auf niedrigstem Niveau verständigt: Nicht etwa die große Menge der Ausländer aus den klassischen Herkunftsregionen am Süd- und Nordostrand des Mittelmeers soll das kommunale Wahlrecht erhalten, sondern nur die kleine — und in der Regel privilegierte — Gruppe von EG-Bürgern, die in einem anderen EG-Mitgliedsland tätig sind. Sie sollen nach den Maastrichter Verträgen am Ort ihres Arbeitsplatzes sowohl die Kommunalparlamente als auch das Europaparlament wählen dürfen. Mehr nicht.

Doch für die rechte Opposition reicht das allemal. Staatspräsident Mitterrand wolle die EG-Verträge zum Vorwand nehmen, um das Ausländerwahlrecht durch die Hintertür einzuführen, kritisierte der Neogaullist und ehemalige Finanzminister Edouard Balladur am Wochenende. Das sei völlig falsch, statt dessen müsse Paris bei der EG für sich ein Ausnahme aushandeln.

Mitterrand aber will die EG-Verträge keinen Deut modifizieren. Sollte ihre Ratifizierung scheitern, wäre das ein „nationales Drama“, sagte er am Sonntag abend. Die Verträge seien das „wichtigste Ereignis seit den römischen EWG-Verträgen“ (von 1957), und seine „politische Verantwortung und die der Regierung“ verbinde sich damit.

Nach der französischen Verfassung ist es möglich, ein Gesetzesvorhaben „direkt“ — unter Umgehung der Nationalversammlung — einer Volksabstimmung zu unterziehen. Dieses Verfahren hatte Mitterrand bereits Mitte Dezember für die Maastrichter Verträge erwogen. Es ist auch weiterhin in der Diskussion.

In Frankreich sind die Maastrichter EG-Verträge zu einem innenpolitischen Thema erster Rangordnung geworden. Mitterrands Äußerungen werden so interpretiert, daß er mitsamt dem Kabinett bei einem Scheitern der Verträge zurücktreten werde. dora