Im Westen was Neues

■ Die Spanische Allee in Zehlendorf heißt erst seit 1939 so — mithin ein unschuldiger Name?

Die Spanische Allee im Zehlendorfer Stadtteil Schlachtensee ist eine vornehme Straße. Sie führt durch bessere Villengegenden der Stadt. Ehrwürdige Stadthäuser aus den zwanziger und dreißiger Jahren mit großen Gärten wechseln sich ab mit jüngeren Bungalows von Neureichen, dazwischen adrette Reihen- und Siedlungshäuser. Gepflegtes, gutsituiertes Bürgertum, zu dem der Name der Straße, die an das Urlaubsland im Südwesten Europas erinnert, zu passen scheint. Wäre da nicht der leidige Streit, ob die Durchgangsstraße mit einer Buslinie die Geschwindigkeitsbegrenzung von 30km/h haben darf, könnte die Idylle perfekt sein.

Dabei sollte die Spanische Allee an ganz andere Dinge erinnern als an den letztjährigen Sonnenbrand von der Costa Brava oder einen Discoabend am Meer.

Seit dem 5. Juni 1939 trägt die frühere Wannseestraße den heutigen Namen. Grund: eine Parade. Deutsche Truppen waren siegreich aus Spanien zurückgekehrt. Es war die »Legion Condor«, eine Freiwilligentruppe, meist Mitglieder der neugegründeten deutschen Luftwaffe, die im spanischen Bürgerkrieg auf der Seite der Faschisten unter Franco gegen die spanische Republik kämpften.

Begonnen hatte Hitlers Hilfe von Faschist zu Faschist am 31. Juli 1936, als sich am Lehrter Bahnhof eine »Reisegesellschaft Union« traf, Armeeangehörige in Zivil, die den Zug nach Hamburg bestiegen und von dort in der Nacht zum 1. August mit dem Dampfer »Usaramo« auf See gingen. Die Aktion war geheim, da Deutschland im spanischen Krieg offiziell Neutralität wahrte, inoffiziell aber schon von Beginn an die faschistischen Putschisten unterstützte. Anfang November 1936 waren es schon 4.500 Soldaten, die Franco halfen, die rechtmäßige spanische Regierung zu stürzen. Der spanische Bürgerkrieg dauerte bis Ende März 1939.

Über 50.000 deutsche und 300.000 italienische Soldaten sollen auf seiten der Putschgeneräle zum Einsatz gekommen sein. Die Deutschen steuerten vor allem hochmoderne Kampfflugzeuge und Flakbatterien bei. Für die deutschen Militärtechniker war es die Generalprobe für den Zweiten Weltkrieg. Besonders die Flugstaffeln »trainierten« die moderne Kriegsführung. Deutsche Flieger bombardierten das nordspanische Städtchen Guernica. 1.645 Bewohner der Stadt starben am 26. Mai 1937.

Diese deutschen »Helden«-Taten mußten entsprechend gefeiert werden. Am 6. Juni 1939 zog die Legion Condor in Berlin ein. Ausnahmezustand in Charlottenburg und Mitte. Die Kolonnen der mehreren tausend Kämpfer marschierten unter Führung ihres Kommandeurs Wolfram Freiherr von Richthofen von der Charlottenburger Bismarckstraße zum Lustgarten. Für solche Zwecke war die damalige Charlottenburger Chaussee (heute Straße des 17. Juni) 1936 um mehr als das Doppelte verbreitert worden.

Hitler nahm die Parade der Putschistenhelfer vor der Technischen Universität ab. Am nächsten Tag stand daraufhin in den Berliner Zeitungen zu lesen: »Adolf Hitlers Dank an die Legion. ‘Ihr seid zurückgekehrt als die tapferen Vollstrecker meines Auftrags.‚« Die Nazis sahen den spanischen Bürgerkrieg auch als Teil ihres Vernichtungszugs gegen den Bolschewismus, wie sie es formulierten.

Zur bleibenden Erinnerung an die Legion Condor wurde am Vortag der Siegesparade die Wannseestraße in Spanische Allee umbenannt. Jürgen Karwelat