■ Nachgefragt
: "Kein vorauseilender Gehorsam"

Gegen den neuen Justizsenator Henning Scherf führt die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Veruntreuung im Zusammenhang mit seiner Vorstandstätigkeit bei der Hans- Wendt-Stiftung. Generalstaatsanwalt Hans Janknecht sieht in dieser Konstellation keinen Konflikt.

taz: Die Bremer Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihren eigenen neuen Chef, Justizsenator Henning Scherf. Was würden Sie tun, wenn Ihr Dienstherr Sie anweisen würde, diese Ermittlungen einzustellen?

Hans Janknecht: Das wird er nicht tun, weil er in dieser Angelegenheit Betroffener ist. Das habe ich gleich bei dem ersten Gespräch mit ihm besprochen. In dieser Angelegenheit wird er sich mit allem, was Dienstaufsicht angeht, völlig heraushalten.

Aber wenn er Sie trotzdem anweisen würde, welche Möglichkeit hätten Sie?

Ich würde mich dem dann verweigern müssen. Weisungen sind ja sowieso grundsätzlich nur zulässig, soweit der einzelne Staatsanwalt oder auch der Dienstvorgesetzte Spielräume des Handelns hat. Und das ist bei der Frage, ob ein Ermittlungsverfahren geführt wird, nicht der Fall.

Denkbar wäre auch ein vorauseilender Gehorsam. Der Senator entscheidet schließlich über Beförderungen und personelle Ausstattung der Staatsanwaltschaft, da könnte es doch sein, daß man sich lieber nicht mit ihm anlegen will. Wie wollen Sie das verhindern?

Das muß ich von mir weisen, daß es einen solchen vorauseilenden Gehorsam gibt. Die Staatsanwaltschaft wird ihre personellen und sachlichen Bedürfnisse offen zum Ausdruck bringen, und ich habe auch keinen Zweifel, daß die erfüllt werden. Aber zu dem Ermittlungsverfahren besteht kein Zusammenhang.

Wäre es Ihnen nicht lieber, wenn eine andere Staatsanwaltschaft, die nicht Henning Scherf untersteht, dieses Ermittlungsverfahren übernehmen könnte?

Das ist nicht denkbar, denn die Abgabe eines solchen Verfahrens in ein anderes Bundesland ist nur möglich, wenn es in dort Bundesland irgendeine örtliche oder sachliche Zuständigkeit gibt. Das ist hier eindeutig nicht der Fall.

Das Ermittlungsverfahren gegen Henning Scherf ist am 9. Dezember, zwei Tage vor der Senatswahl eröffnet worden. Gibt es da einen Zusammenhang?

Nein. Ich weiß, daß ein solcher Eindruck in der Öffentlichkeit entstanden ist, aber ich kann nur mit allem Nachdruck sagen, daß ein solcher Zusammenhang nicht besteht.

Woran liegt es denn, daß das Ermittlungsverfahren erst ein Jahr nachdem der Abschlußbericht des Hans-Wendt-Untersuchungsausschusses eingeleitet wurde?

Das liegt natürlich an der starken Belastung der Staatsanwaltschaft, an der Schwierigkeit der Sachberichtslage und daran, daß zunächst keine besondere Eilbedürftigkeit gesehen worden ist, da ja auch vom Untersuchungsausschuß keine Strafanzeige kam. Fragen: Dirk Asendorpf

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