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Trasse soll Landschaft fressen

■ Wo das Stadtbild zu wünschen übrigläßt (7)/ Landschaftspark Altglienicke-Rudow

Altglienicke. Den Landschaftspark Altglienicke hat es nie gegeben. Weder der historischen Identität noch der Denkmalpflege ist Berlin hier also verpflichtet. Statt dessen steht die Idee für den Landschaftspark an diesem nach der Maueröffnung neu zu definierenden Ort für einen progressiven Anspruch der Grünplanung.

Im Südosten Berlins ist es vor allem die Verkehrsplanung, die in Konkurrenz zu der Idee eines Landschaftsparks Altglienicke steht. Für die Autobahnanbindung an den äußeren Stadtring wird derzeit im Hause des Verkehrssenators Haase die Trasse entlang des ehemaligen Grenzstreifens zwischen Rudow und Schönefeld geprüft. Die Bezirksverordnetenversammlung Neukölln hat sich gegen eine solche Trasse ausgesprochen und zusammen mit dem Bezirk Treptow einen Aufstellungsbeschluß für einen Landschaftsplan gefaßt, der die umstrittenen Flächen sichern könnte.

Ein Problem ist die Autobahn auch für die angedachten Wohnbaupotentiale. Angesichts der Lage auf dem Wohnungsmarkt ist die volle Ausschöpfung des von Gutachtern auf 40.000 Wohnungen geschätzten Nachverdichtungspotentials in diesem Bereich von übergeordnetem Interesse. Eine Autobahn quer durch die zukünftig erweiterten Wohngebiete würde deren Qualität wie Quantität erheblich schmälern. Die bisherige Planung wäre gesprengt, die Prioritäten eher in Richtung einer Gewerbeflächenausweisung verschoben.

Die Idee für die Nachverdichtung des Wohnquartiers stammt schon aus Zeiten der DDR-Planung — und machte auch damals Sinn. Um das Ungleichgewicht zwischen Wohnungsangebot in den nördlichen Großsiedlungen und Arbeitsplatzangebot im Südosten zu mildern, waren in der Region Schönefeld vier Großsiedlungen geplant.

In West-Berlin dagegen wurde die Bebauung der Rudower Felder gestoppt. Heraus kam eine städtebaulich diffuse Situation zwischen Großsiedlung, Einfamilienhäusern und Landwirtschaftsfläche, die es jetzt durch Nachverdichtung zu ordnen gilt.

Neben der Autobahn besteht zudem das Problem des nahen Flughafens Schönefeld. Die nördliche Start- und Landebahn steht einer Neuordnung des Gebietes im Weg. Vor allem aufgrund der Lärmbelastung ist mittelfristig die Schließung des Flughafenteils anzustreben.

Der umstrittene Mauerstreifen als Landschaftspark — erweitert um einen nicht zu bebauenden Teil der Rudower Felder — würde dann rund 100 Hektar umfassen. Nicht nur für die verdichtete Wohnbaufläche im Umfeld kann also ein Naherholungsraum entstehen, sondern in Verbindung mit der Renaturierung einer teilweise verschütteten Kette von eiszeitlichen Pfuhlen wird ein Park von bezirksübergreifender Bedeutung möglich. Er wäre zudem südlicher Endpunkt eines Grünzuges, der sich im Norden über den ehemaligen Flugplatz Johannisthal, die Köllnische Heide, die Wuhlheide und das Wuhletal bis hin zur nördlichen Stadtgrenze fortsetzt. Der Landschaftspark Altglienicke ist damit eines der städtischen Elemente, die Berlin das Profil der Zukunft geben könnten — wenn Berlin nur wollte. Thies Schröder

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