Nazi-Übungsgelände für die Bundeswehr

Magdeburger Landesregierung will Stoltenberg Truppenübungsplatz nicht überlassen/ Landesparlament einig wie selten  ■ Von Eberhard Löblich

Magdeburg (taz) — Seltene Einmütigkeit herrscht im Magdeburger Landtag, wenn es um die künftige Nutzung der Colbitz-Letzlinger Heide geht. Wenn in der Debatte der umweltpolitische Sprecher der PDS- Fraktion, Volker Lüderitz, klagt, daß sich die Bundeswehr und ihre politische Führung verdammt wenig um den erklärten Willen von Bevölkerung, Landtag und Landesregierung kümmern, bekommt er sogar von der CDU Beifall.

Mit ihrer Begehrlichkeit setze die Bundeswehr die Geschichte der Heide in schrecklicher Kontinuität fort, schimpfen die Parlamentarier. Dieses größte unbesiedelte Gebiet Deutschlands wurde in den 30er Jahren von der nationalsozialistischen Wehrmacht als Truppenübungsplatz okkupiert, und die Generäle Stalins übernehmen es 1945 wie selbstverständlich.

In den neuen Bundesländern stehen 60 Übungsplätze zur Verfügung, die bislang von der Roten Armee und der NVA genutzt wurden. Die Hardthöhe benötigt erklärtermaßen nur 20 dieser Plätze für ihre eigenen Kriegsspiele. Unklar bleibt, warum ausgerechnet die Colbitz-Letzlinger Heide dabeisein soll. Denn die Landesregierung von Sachsen-Anhalt hat der Hardthöhe ein ebenfalls zur Zeit noch von der Roten Armee genutztes Gelände bei Altengrabow angeboten. Dieses hätte nicht nur ähnliche Abmessungen, sondern überdies noch eine viel höhere Akzeptanz der Bevölkerung. Aber Stoltenberg besteht auf der Heide.

Eine Delegation aus Bürgern und Landespolitikern, die eine Liste mit über 50.000 Unterschriften gegen die weitere militärische Nutzung der Heide überreichen wollte, drang in Bonn nicht einmal bis zu Stoltenbergs Staatssekretär vor. Ein Büroleiter der Hardthöhe nahm das Paket mit den Unterschriften entgegen und schickte die Sachsen-Anhalter wieder nach Hause.

Am Ende könnte Stoltenberg in Sachen Heide trotzdem mit leeren Händen dastehen. Denn in alten Grundbüchern wird für große Teile der Heide das Land Sachsen-Anhalt als Eigentümer angegeben. Rein rechtsstaatlich ist für die künftige Nutzung der Heide ein Raumordnungsverfahren notwendig. „Und damit werden wir Stoltenberg ausbremsen“, verspricht Sachsen-Anhalts Innenminister Hartmut Perschau (CDU). Nach dem Bundesnaturschutzgesetz muß dann eine Abwägung der Interessen von Land und Hardthöhe vorgenommen werden. Die Bezirksregierung Magdeburg als federführende Behörde dieses Raumordnungsverfahrens will jedenfalls noch in diesem Quartal die Heide „zum Zwecke des Naturschutzes einstweilig sicherstellen“. Ende Februar wird Perschau gemeinsam mit Sachsen-Anhalts Regierungschef Werner Münch (CDU) noch einmal nach Bonn zu Stoltenberg fahren. Münch hofft noch, daß er nicht auf die Keule des Raumordnungsverfahrens zurückgreifen muß: „Ich setze auf die Kraft der Argumente.“