Frauenpreis für Rauchzipfel

■ In die Sülze getreten: Preis für „Frauenfreundlichsten Betrieb des Jahres“ ging an eine Metzgereikette

Frankfurt/Main (taz) — Den mit 20.000 DM dotierten Preis für den frauenfreundlichsten Betrieb des Jahres in Hessen wurde — „nach einhelliger Auffassung einer unabhängigen Jury“ — der Metzgerei Zeiss GmbH in Hanau zuerkannt. Wie Staatsministerin Heide Pfarr (SPD) am Donnerstag bei der feierlichen Preisverleihung in Wiesbaden erklärte, würden in den 35 Filialen des Metzgereibetriebes „Führungsaufgaben überwiegend Frauen übertragen“. Mit dem Konzept der Förderungen von Frauen „von der Pike auf“ habe die Firma Zeiss die anderen 24 Bewerber um die begehrte Auszeichnung glatt ausgestochen. Daß Metzger Zeiss das Preisgeld wieder in Ausbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen fließen lassen will, hat die sozialdemokratische Arbeitsministerin besonders beeindruckt. Zeiss übernimmt selbst dann die Ausbildungskosten für seine Mitarbeiterinnen in den rot-weiß gestreiften Schürzchen, wenn die auf der Volkshochschule „was dazulernen“ wollen. Pfarr: „Zeiss lag mit seinem Ansatz auch deshalb deutlich vorne, weil das Konzept der Firma konsequent in der Praxis umgesetzt wird.“

Daß etwa in der Zeiss-Filiale im Frankfurter Hauptbahnhof die „ausgezeichneten“ Frauen unter Streßbedingungen Thüringer und „Rauchzipfel“ zwischen Brötchenhälften klemmen und Schnitzel im Akkord panieren müssen — davon wußte Ministerin Pfarr offenbar nichts. Schließlich waren die Arbeitsbedingungen bei Zeiss kein Kriterium bei diesem Preisausschreiben.

Nicht nur deshalb plädierten gestern die grünen Frauen für die „sofortige Abschaffung“ des Preises, respektive für seine „Umwidmung“. Maria Marx vom Landesvorstand der hessischen Grünen warf Heide Pfarr vor, daß es der Ministerin offenbar „wurscht“ gewesen sei, ob entsprechend der Preisvergaberichtlinien kleine und mittelständische Betriebe bei Maßnahmen zugunsten der Frauenförderung unterstützt würden — „oder ein Großbetrieb mit 35 Filialen“. Marx: „Preisverleihungen haben eine große symbolische Bedeutung. Man kann sie dazu nutzen, Frauen zu unterstützen und gleichzeitig die Autonomie von Frauen zu propagieren.“ Und genau diese Ziele seien im Fall Zeiss „gründlich verfehlt“ worden. Für Marx nahegelegen hätte die Verleihung des Preises an einen Betrieb, der von einer Frau geleitet wird. Doch bei Zeiss ist und bleibt der Chef der Metzger — da beißt die Maus keinen „Rauchzipfel“ ab. kpk