Der lange Arm des Iran im Bremer Amt

■ Ohne die Erlaubnis des Iran bürgert die BRD keine Asylbewerberin ein: Der Fall Schirien L.

Den iranischen Ausweis, den Reisepaß, die Fingerabdrücke auf internationalen Formblättern, 15 Paßfotos von vorne, 8 Fotos im Profil, die Negative dazu, die Ausweise der Angehörigen, deren Fingerabdrücke, 15 Familienfotos mit Negativen: Das ist nur ein Teil der Sachen, die eine Iranerin bei ihrer Ausbürgerung in ihrer Botschaft vorlegen muß.

Schirien L. (Name geändert) will sich in die Bundesrepublik einbürgern lassen. 1983 floh sie Hals über Kopf mit ihrem Mann und ihrem dreijährigen Sohn aus dem Iran. Bereits ein Jahr später bekamen sie Asyl in Bremen. Als Schirien jetzt beim Innensenator die Unterlagen für die Einbürgerung abholte, las sie zu ihrem Schreck folgenden Passus: „Ich bin bereit, meine bisherige Staatsangehörigkeit aufzugeben und verpflichte mich nach schriftlicher Zusicherung der Einbürgerung, die erforderlichen Schritte zu unternehmen.“

Die „erforderlichen Schritte“ im Falle einer Ausbürgerung bzw. Einbürgerung zwischen den Ländern Bundesrepublik und Iran regelt ein Vertrag zwischen beiden Ländern aus dem Jahr 1929, das „deutsch-iranische Niederlassungsabkommen“. Darin ist geregelt, daß derjenige, der die jeweils andere Staatsbürgerschaft annimmt, die alte abgeben muß, das heißt auf deutsch: Ohne Erlaubnis des Iran kann keine Iranerin und kein Iraner zur deutschen Staatsbürgerschaft wechseln. Das gleiche gilt für Deutsche, die sich im Iran einbürgern lasssen wollen.

Das fatale dabei: Die geforderten Unterlagen für die Ausbürgerung aus dem Iran müssen in diesem Fall von Schierien L. persönlich bei der iranischen Botschaft vorgelegt werden. Ihre Angst: „Aus der Botschaft komme ich nicht mehr heraus.“

Sowohl der für Einbürgerungen zuständige Sachbearbeiter beim Innensenator, Hans Döhle, als auch die iranische Botschaft in Bonn bestätigten auf Anfrage diese Verwaltungspraxis. „Ausnahmen gibt es nur bei Personen, die von Repressalien bedroht sind und das auch belegen können“, erklärte Döhle. „In diesem Fall würden wir zum Beispiel bei der iranischen Botschaft anrufen und den Verdacht überprüfen.“ Ein erfolgreich durchstandenes Asylverfahren reicht der Bremer Innenbehörde nicht.

In der Botschaft erklärte ein Mitarbeiter, daß die persönliche Anwesenheit des Antragstellers vonnöten sei, um die Echtheit der Dokumente zu überprüfen. Weitere Auskünfte nur schriftlich.

Ungewiß ist auch das Schicksal des Jungen von Schirien L. Der ist mittlerweile 11 Jahre alt und genießt kein Asyl. „Wir können dem Jungen nur einen Fremdenpaß ausstellen“, sagt der Leiter des Ausländeramtes, Dieter Trappmann. Das reicht den Eltern aber nicht, denn mit dem Fremdenpaß ist der Junge fast überall in Europa auf Visa angewiesen. Ungeklärt ist auch die Dauer seines Aufenthaltes: Das Asylrecht seiner Eltern schützt ihn nur bis zu seinem 18 Lebensjahr. Markus Daschner