„Haus der Wannseekonferenz“ eröffnet

■ Süssmuth: Neuem Fremdenhaß entgegentreten/ Erste deutsche Gedenkstätte zu Holocaust

Berlin (dpa) — Zum 50. Jahrestag der „Wannseekonferenz“ haben führende deutsche Politiker und der Vorsitzende des Zentralrates der Juden in Deutschland, Heinz Galinski, dazu aufgerufen, den Völkermord an den europäischen Juden nicht aus der Erinnerung zu verdrängen und neuerlichem Fremdenhaß entschieden entgegenzutreten. Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth forderte am Sonntag zur Eröffnung der Gedenkstätte „Haus der Wannseekonferenz“ in Berlin, „Barbarei und begangenes Unrecht“ müßten weiter „unbeirrt beim Namen“ genannt werden.

Galinski verwies auf eine neue Emnid-Umfrage, wonach „jeder achte Deutsche“ Antisemit sei. Er mahnte ein „viel stärkeres Engagement des Bundes“ für die Gedenkstätte an, um so „die Verantwortung des ganzen Landes für das hier Geschehene zum Ausdruck zu bringen“.

Das „Haus der Wannseekonferenz“ ist die erste zentrale Gedenkstätte in Deutschland, in der an die von Hitler befohlene systematische Ausrottung von Millionen europäischer Juden erinnert wird.

Frau Süssmuth betonte vor rund 200 in- und ausländischen Gästen aus Politik und Gesellschaft, Gewalttaten wie die Übergriffe gegen Ausländer und Asylbewerber im vergangenen Jahr in Deutschland seien „Nagelproben“ für die Gesellschaft. „Hier zeigt sich, ob wir aus der Geschichte gelernt haben.“ Galinski unterstrich die Notwendigkeit für eine „aktive Vorbeugung“. Es sei „erschreckend und erschütternd“, daß der Antisemitismus, „eine der Voraussetzungen, die zum Holocaust geführt haben, auch heute noch in den Köpfen mancher zu finden ist“. Dies sei besonders bei jüngeren Menschen im Alter von 18 bis 29 Jahren der Fall, wie die Emnid-Umfrage zeige. Sie werde am Montag veröffentlicht, dem 50. Jahrestag der „Wannseekonferenz“.

Berlins Regierender Bürgermeister Eberhard Diepgen sagte, „mit äußerster Sensibilität“ müsse auf „jedes Anzeichen von Fremdenhaß, von religiöser oder anderer Intoleranz“ reagiert werden. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma erinnerte in einem Grußwort an die Zehntausende Sinti und Roma, die ebenfalls dem geplanten Massenmord der Nazis zum Opfer fielen. An der Gedenkveranstaltung nahmen auch Bundesinnenminister Rudolf Seiters, der israelische Botschafter Benjamin Navon und Bischof Martin Kruse von der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg teil.

Das „Haus der Wannseekonferenz“ soll als „Lern- und Denkort der Geschichte“ über den Rassenwahn und seine verheerenden Folgen aufklären. Träger der Dokumentationsstelle mit dem programmatischen Titel „Erinnern für die Zukunft“ sind unter anderem das Bundesinnenministerium, das Land Berlin sowie der Zentralrat der Juden in Deutschland.