Gegen Rückführungsprogramm

■ betr.: "Große Koalition in der Roma-Politik", taz vom 5.12.91

betr.: „Große Koalition in der Roma-Politik“, taz vom 5.12.91

Meine Position zum Roma-Projekt wird im Artikel richtig, in der Überschrift jedoch falsch wiedergegeben. Die darin enthaltene Wertung ist durch meine Äußerungen nicht gedeckt. Nach wie vor spreche ich mich gegen das sogenannte „Rückführungsprogramm“ aus, weil es in seiner jetzigen Form mehrere entscheidende Fehler aufweist: Erstens beruht es nicht auf Freiwilligkeit, sondern ist letztlich ein Abschiebungsprogramm. Es beseitigt eben nicht die Fluchtursachen, sondern mildert für einige wenige die Abschiebungsfolgen. Darum treten wir Grünen weiterhin für ein Bleiberecht für die „Bettelmarsch-Roma“ ein, wie Innenminister Schnoor ihnen dies im Januar 1990 in Aussicht gestellt hat. Zweitens bezieht sich das Programm bislang fast ausschließlich auf die TeilnehmerInnen aus NRW, während es das elende Umfeld noch unberücksichtigt läßt. Drittens fehlt weiterhin der entscheidende Punkt, mit dem die Hilfe langfristig steht und fällt: nämlich Arbeitsplätze. Wegen fehlender Personalpapiere konnten die Roma sich bis heute noch nicht einmal um Arbeit bemühen.

Trotzdem: Das Programm ist in der Welt, die Häuser in Shutka stehen, weitere werden gebaut. Für uns Deutsche ist es leicht, bei der grundsätzlichen Ablehnung des Projektes stehenzubleiben. Für die betroffenen Roma-Familien stellt sich die Sache anders dar, für sie geht es um nackte Existenzfragen. In Shutka geht es den „rückgeführten“ Roma zumindest im ersten Jahr ohne Zweifel besser als denen, die ohne Starthilfe abgeschoben werden.

Aus meiner Sicht müssen wir über die Ablehnung der Abschiebung hinaus auch immanent Kritik üben und Vorschläge machen. Dazu gehört, daß schwerpunktmäßig denjenigen Roma geholfen werden muß, die noch nicht geflohen sind und in Skopje — keineswegs nur in Shutka — in unvorstellbarem Elend leben. Hierfür muß wesentlich mehr Geld als bisher zur Verfügung gestellt werden. Michael Vester, Die Grünen

im Landtag NRW, Düsseldorf