Nur noch zehn Prozent beschäftigt

■ Die Textilindustrie Ostdeutschlands zerbricht trotz „irrer Anstrengungen“ an der Marktwirtschaft

Berlin (dpa/taz) — Von den ursprünglich 460.000 Beschäftigten in der Textil-, Bekleidungs- und Lederindustrie in der DDR werden auf Dauer nur etwa 40.000 in der Branche beschäftigt bleiben. Heute gibt es dort noch rund 65.000 Arbeitsplätze, Das sagte Treuhand-Vorstand Günter Rexrodt gestern in Berlin. Er bezeichnete es als Problem der vor allem in Sachsen, Thüringen und Berlin angesiedelten Betriebe, daß der im Westen seit den 60er Jahren erfolgte Anpassungsprozeß nun in sehr kurzer Zeit nachvollzogen werden müsse. Die Treuhand unternehme eine „irre Anstrengung“, um die Industrie nicht wegbrechen zu lassen.

Die Lage könnte sich nochmals akut verschärfen, sagte Rexrodt, wenn das mit den GUS-Staaten vertraglich festgelegte Auftragsvolumen für 1992 in Höhe von 1,4 Milliarden DM für die Textil-, Bekleidungs-, Strumpf- und Schuhindustrie von Bonn nicht weiter verbürgt werde. Dies würde „in der Tat einen dramatischen zusätzlichen Einbruch“ nach sich ziehen.

Rexrodt bezeichnete es als Ziel der Treuhand, Kernbereiche der Textil- und Bekleidungsindustrie trotz der strukturellen Schwierigkeiten und der allgemeinen Weltmarktsituation zu retten. Man sei dabei, sanierungsfähige Betriebe herauszukristallisieren und sie als „Leuchtfeuer“ zu erhalten. Bis Ende 1991 seien durch die Privatisierung von 156 Unternehmen beziehungsweise Betriebsteilen 11.000 Arbeitsplätze vertraglich gesichert worden. Der Schwerpunkt lag bei Heimtextilien und technischen Textilien. Die neuen Eigentümer sagten knapp 200 Millionen DM Investitionen zu.

Eine „dominierende Rolle“ spiele im Textilbereich die Zahl der Reprivatisierungsanträge. Sie richteten sich häufig auf die Grundstücke, aber nur in wenigen Fällen auf die Fortführung des Unternehmens.