Siegertyp von der Waterkant geht in die Offensive

■ SPD-Drängelei von Erfolg gekrönt/ Engholm will Kanzler werden/ Die Republik ist sprachlos

Berlin (taz) — Daß SPD-Fraktionschef Hans- Ulrich Klose nach seiner überraschenden Wahl Lust verspürte, vom Bonner Podium aus eine lahmende SPD auf Touren zu bringen, kann ihm niemand verdenken. Daß der als „Mann“ Oskar Lafontaines apostrophierte Klose mit seinem penetranten Kandidatenthema den Zauderer Engholm jetzt zur Schnellkandidatur zwang, ist ein spektakulärer und schöner Erfolg. Auch die außenpolitische Offensive Lafontaines, mit der dieser vergangene Woche seinen Parteichef — ohne Vorabsprache — auf Trab bringen wollte, wurde so zum Volltreffer. Glückwunsch also auch nach Saarbrücken. „Ich gehe ins Rennen“, mimt der von allen Seiten geschobene Engholm den entschlußfreudigen Politiker; doch alle wissen, daß die markig klingende Sentenz, mit der der SPD-Chef der konsternierten Bonner Presse seine Entscheidung mitteilte, doch nur die aufgepeppte Variante seiner vorletzten Kandidatenrede darstellt: „Watt mutt, dat mutt.“

Mutt es denn wirklich, fragt die Republik und schlägt die Hände über dem Kopf zusammen. Denn die Konsequenzen von Engholms persönlichem Befreiungsschlag sind für die Allgemeinheit alles andere als erfreulich: Die SPD wird auch weiterhin einer nicht gerade souverän agierenden Regierungskoalition den Rücken freihalten, von Herausforderung des Kanzlers, einem neuen Profil für die größte Oppositionspartei — keine Rede. Politische Langeweile programmiert weit über den nächsten Wahltag hinaus.

Nur noch die WählerInnen in Schleswig-Holstein können das verhindern. Das Risiko eines Einbruchs bei den Landtagswahlen im April immerhin hat Engholm sich von seinen drängelnden Parteifreunden einhandeln lassen. Doch auch damit wird er das Image eines sich nach allen Seiten absichernden Parteipolitikers, der unter der Last, es allen recht machen zu wollen, jede Profilierungschance verspielt, kaum loswerden. Über seine bisherigen Leistungen als Parteichef jedenfalls gibt es aus der SPD nur eindeutige Urteile: Die Baracke ist politisch abgemeldet. Matthias Geis