Senat verkauft Berliner Mieter

■ Um Geld zu sparen, will die Senatsbauverwaltung Sanierungsgebiete abwickeln und Häuser städtischer Gesellschaften an Private verkaufen

Berlin. Ein Horrorszenario für Berlins Mieter kursiert in der Senatsbauverwaltung. In einem internen Diskussionspapier, das der Abstimmung mit der Finanzverwaltung dienen soll, wird vorgeschlagen, Häuser der städtischen Wohnungsbaugesellschaften an private Eigentümer zu verkaufen, um das Geld aufzubringen, mit dem die restlichen Bestände saniert werden sollen. Nur ein Bruchteil der nötigen Baumaßnahmen in Ost-Berlin sei durch öffentliche Förderung abzudecken, heißt es. Deshalb seien »grundsätzlich keine über die gesetzlichen Vorschriften hinausgehenden Mieten- und Belegungsbindungen vorzusehen«. Das geltende Mietrecht müsse zur sozialen Absicherung ausreichen.

Weiter sollen nirgends in Berlin mehr Sanierungsträger — in der Regel städtische Wohnungsbaugesellschaften — eingeschaltet werden, die Altbauten kaufen und instandsetzen. Schlimmer noch: In West-Berlin sollen die Wohnungsbaugesellschaften einzelne Häuser in Sanierungsgebieten an interessierte Mietergemeinschaften, aber auch an private Eigentümer verkaufen, und zwar bevor die Häuser saniert werden. Deren Modernisierung soll privat finanziert und auf die Miete umgelegt werden. Einzige Einschränkung: Die zum Zeitpunkt der Übernahme vorhandenen Mieter müssen mit der Modernisierung einverstanden sein. Auch in Ost-Berlin sollen die städtischen Gesellschaften Häuser mit »hohem Instandsetzungsbedarf« an private Investoren verkaufen. Für Häuser, die von den Wohnungsbaugesellschaften instandgesetzt werden, soll es geringere Baukostenzuschüsse geben als es bisher im Westteil der Stadt üblich war.

Weiter heißt es, es sollen keine weiteren Sanierungsgebiete oder Gebiete, in denen eine Erhaltungssatzung gilt, ausgewiesen werden. Ausgenommen davon sind »wenige, eng umgrenzte« Gebiete, bei denen »außergewöhnliche Gründe« dafür sprechen. Letzteres ist um so unverständlicher, da eine Erhaltungssatzung die Mieter schützt, aber kein Geld kostet.

Der zuständige Referatsleiter der Senatsbauverwaltung, Dieter Geffers, distanzierte sich auf Anfrage von dem Entwurf. In der vorliegenden Form werde dieser ganz sicher nicht in Kraft treten. Tatsächlich habe es einen Prüfungssauftrag des Senats an die Verwaltung gegeben, wie man die Stadterneuerung mit knapper werdenden Mitteln finanzieren könne, sagte Geffers. Der Vorschlag, Häuser zu privatisieren, sei nicht neu, werde aber eher von der Finanzverwaltung vertreten.

Sowohl der Mieterverein wie auch die Sprecherin der städtischen Wohnungsbaugesellschaften, Christa Fluhr, sprachen sich auf Anfrage gegen eine flächendeckende Privatisierung städtischer Wohnungen aus. Dies würde die Wohnraumversorgung weniger gut betuchter Mieter gefährden. Eva Schweitzer