Isola als 2-Phasen-Reiniger der SPD

■ Vorsitzenden-Kandidat präsentierte seine Vorstellungen zur Parteiarbeit

“Die SPD sitzt zwischen allen Stühlen.“ Das sagt einer, der trotz alledem gerne auf einen Parteistuhl will, der kommissarische SPD-Vorsitzende Horst Isola. Im März will er sich zum regulären Nachfolger von Ilse Janz wählen lassen. Und wenn die Mehrheit der GenossInnen das auch will, dann wählen sie auch Isolas Vorstellungen von der „Reform der Parteiarbeit“ mit. Am Dienstag hatte sich eine 50köpfige Parteikommission zum ersten Mal mit diesem Thema befaßt, gestern stellte Isola die Überlegungen der Presse vor.

Die Lage der Partei, wie Isola sie darstellt, ist verheerend. Die treusten SPD-WählerInnen sind die über 60jährigen Frauen. Ansonsten sind Stammwähler gleich schaarenweise zur DVU oder zu den NichtwählerInnen gewandert. Neue Schichten dagegen konnten nicht erreicht werden. Was tut eine Partei in einer solchen Situation? Sie analysiert. Isola will mit einer Arbeitsgruppe untersuchen, welche Parteistrukturen sich überlebt haben und dabei ein besonderes Augenmerk auf die Abeit in den Ortsvereinen und den zahlreichen Arbeitsgemeinschaften der SPD legen. „80 Prozent der Mitglieder kommen nicht mehr in die Ortsvereine. Und die restlichen beschäftigen sich zu 90 Prozent mit sich selbst“, lautet Isolas Vorabanalyse. In der zweiten Phase der Parteireform sollen „Kampagnefähigkeit und Servicefunktion“ der SPD verbessert und dazu die Geschäftsstelle professionalisiert werden. Bis Anfang 1993 soll die Arbeit getan sein, damit die SPD die Meinungsführerschaft zurückgewinnt.

In einem Punkt weiß Isola aber schon jetzt genau, was anders werden muß. Die SPD soll sich von der geschlossenen Funktionärsgesellschaft wieder in eine dialogfähige Partei verwandeln. Als Gesprächspartner stellt sich Isola Gewerkschaften, Betriebsräte, und Arbeitnehmerkammern, aber auch Bürgerinitiativen vor. Isola: „Die haben wir ja früher nur beleidigt als unliebsame Konkurrenz zur Kenntnis genommen.“ Mit der Kulturszene sei die Kommunikation inzwischen gar „auf Null“ gekommen.

Daß seine Vorstellungen alles andere als neu sind, weiß auch Isola. Über dem Papier, das der ehemalige SPD-Vorsitzende Herbert Brückner nach den Wahlen 1987 geschrieben habe, müsse man nur das Datum ändern. Aber jetzt, da der Partei 43.000 WählerInnen weggelaufen sind, sei die SPD zum ersten Mal in der Situation, eine Reform tatsächlich auch machen zu müssen. Sich selbst sieht Isola dabei „als Vorarbeiter“.

Und als solcher möchte er auch dafür sorgen, daß die jetzt verpaßte personelle Erneuerung der Partei vorankommt. Das nächste Datum liegt allerdings in weiter Ferne. In der SPD-Fraktion von 1995 sollen nach Isolas Vorstellungen mindestens 5 Betriebsräte mitarbeiten. Von denen, die jünger als 35 Jahre sind, sitzt heute kein einziger in der Fraktion: 1995 sollen sie gleich 20 Prozent stellen. Sich selbst sieht Isola als Vorsitzenden des Übergangs: „Ich sehe mich in der Verpflichtung, auch hier für einen Wechsel zu sorgen.“

In der Ampel-Regierung erkennt Isola die Chance, die SPD „als eigenständigen Partner“ zu profilieren. Schon jetzt sieht er die Gefahr, daß öffentlich nur noch von den liberalen und grünen SenatorInnen die Rede ist. Deshalb hat er einen ersten Kontroll-Auftrag an die SPD-SenatorInnen erteilt. Die sollen in den nächsten Tagen aufschreiben, welche Akzente sie zu setzen gedenken. Eins aber wird auch ein SPD-Landesvorstand unter Isola nicht tun: „Wir werden nicht sagen: Wedemeier muß weg.“ hbk