PRESS-SCHLAG
: Crocodile Danny

■ Der Australier Danny Clark bleibt auch mit 40 Jahren der unumschränkte König der Sechstagebahnen

Stuttgarter Sixdays, Hofbräu- Jagd, 120 Runden vor Schluß. Der Hallensprecher mag sich gar nicht mehr beruhigen: „Der schwarze Blitz! 197.Rennen, vier mal Weltmeister! Danny The Crocodile C-L-A-R-K!“ Und Danny geht aus dem Sattel, und keiner kann ihm folgen. Die Schleyerhalle tobt, der Sprecher überschlägt sich jetzt: „Danny, so mögen wir ihn!“ Und Clark fliegt allen davon und überrundet den Pulk.

Wer redet nach der ersten Nacht noch von Gianni Bugno, dem Italiener? Gut, der Straßenweltmeister mag der Beste sein, draußen, doch hier bei seinem ersten Sechstagerennen ist er ein braver Mitfahrer, der höchstens dadurch auffällt, daß er beim Schleudergriffwechsel mit Partner Bontempi so bedächtig zugreift, daß ihm immer gleich ein paar Meter verloren gehen. Es gibt nur einen König auf der Holzbahn, und der heißt noch inmer Danny Clark. 40 ist der Australier, und wenn er so auf seiner Pritsche liegt und gähnt, dann sieht er auch danach aus. Aber: „Es gibt noch immer keinen auf der Bahn, der besser wäre als ich.“ In Dortmund hatte er zum Auftakt der Saison sein 66.Sechstagerennen gewonnen, liegt dabei hinter den Belgiern Sercu (88) und Pijnen (72) auf Platz drei der „ewigen“ Rangliste. Auch wenn nach vorne nicht mehr viel geht, weil es nicht mehr so viele Rennen gibt, wie zu Sechstage- Kaiser Patrick Sercus Glanzzeiten, sind Zahlen für Clark wichtig: „Mein großer Ehrgeiz war, auf 65 zu kommen. Jetzt hab ich 66, und wenn ich hier gewinne, sind's 67.“

Unter den Kollegen ist der Australier nicht unbedingt beliebt, zum einen, weil er sich wenig um sie schert, zum anderen wegen seines unbändigen Ehrgeizes: „Das ist doch überall so. Einer ist der Beste, und andere wollen seinen Platz einnehmen. Ich bin zum Gewinnen hier, und außerdem gehe ich zurück nach Australien zu meiner Familie und muß nicht den Rest meines Lebens mit diesen Jungs verbringen.“ Clark will immer und alles gewinnen, kennt keine Rücksicht. Doch den erbittertsten Kampf scheint er seinem eigenen, alternden Körper abzuverlangen. „Das ist die größte Herausforderung für mich, in meinem Alter noch so gut zu sein. Mit 38 waren sie doch alle, selbst Sercu, fertig. Und ich bin 40 und habe gerade einen neuen Rundenrekord aufgestellt. War noch nie zuvor so schnell. Niemand hat das bisher geschafft.“ Zwei Dinge treiben Danny an: der Ehrgeiz, besser zu sein als der Rest, und die Sehnsucht, geliebt zu werden. Den Beifall des Publikums hat er immer angestrebt, dafür hat er seinem Körper jene außergewöhnlichen Leistungen abverlangt. In Stuttgart bekommt er ihn, und das steigert seinen Siegeswunsch ins Maßlose. „Es ist fantastisch. Ich fahre sei 18 Jahre Sixdays, und ich hab in der ganzen Zeit nie jemanden gesehen, der irgendwo so populär wäre, wie ich ich es hier bin. Nicht einmal Sercu oder Merckx.“ Clark, der Große, vergleicht sich stets nur mit denen, die die Nachwelt — zu unrecht, wie er erwähnt — für noch größer hält. Bugno? „Es ist sein erstes Rennen überhaupt hier, und er kriegt doppelt so viel Geld wie ich. Wenn ich nochmal anfangen könnte, dann auf der Straße.“

Doch in den Siebzigern lag das Geld eben nicht dort, sondern auf den Winterbahnen, deshalb holte es sich Danny Clark dort ab. Hatte er nie den Eindruck, daß sein Leben im Kreis einen nicht vorwärts bringt, weil man am Ende immer genau dort ankommt, von wo man losgezogen ist? „Da hab ich nie drüber nachgedacht. Wahrscheinlich bin ich deshalb immer noch hier.“ Das Leben nach den Sixdays? „Ich suche es noch immer.“ Wenn er nicht fährt, trainiert er, Pausen kennt er nicht, „du mußt immer weiter, nur so gehts“. Und auch wenn dieses Leben nur aus „bicycle, bicycle, bicycle“ besteht, ein anderes will Clark nicht. Am liebsten würde er Trainer, dort, wo auch Frau und Kinder sind, „back in Australia“. Aber die wollen ihn nicht, und sonst weiß er nichts zu tun.

Also fährt er weiter. Vermutlich auch noch im nächsten Jahr. Erstens wird er nach dem letzten Saisonrennen in Kopenhagen nächste Woche 198 Sixdays bestritten haben, und 200 wären mal wieder so eine Zahl, und außerdem „tu ich mich schwer damit, aufzuhören“.

Dann geht er wieder raus auf die Bahn. Sagt noch, er sei heute müder als all die anderen Nächte zuvor, gähnt ausgiebig, doch im Sattel merkt man davon nichts mehr. Beifall brandet auf, der Hallensprecher überschlägt sich, und Danny Clark holt sich mit Partner Pierangelo Bincoletto Sieg Nummer67. Peter Unfried