Welche Miete ist bei Vertragsabschluß erlaubt?

Welche Miete ist bei Vertragsabschluß erlaubt?

Ende 1991 lief eine besondere Westberliner Vorschrift aus: Die sogenannte Kappungsgrenze bei Neuvermietungen im Altbau. Nach der durfte die Miete nach Abschluß eines Mietvertrages nur zehn Prozent über der des Vormieters liegen. Seit Januar kann im Westteil der Stadt der Mietpreis frei vereinbart werden. Das gilt für Altbauwohnungen, soweit sie nicht mit öffentlichen Mitteln saniert wurden, für freifinanzierte Neubauwohnungen und für ehemalige Sozialwohnungen, deren Bindungsfrist abgelaufen ist.

Allerdings sind die Mieter nicht vollkommen schutzlos. Übersteigt die neue Miete deutlich die ortsübliche Vergleichsmiete, so liegt möglicherweise eine Mietpreisüberhöhung nach §5 des Wirtschaftsstrafgesetzes vor — das ist eine Ordnungswidrigkeit — oder sogar Mietwucher nach §302a des StGB.

Eine Mietpreisüberhöhung liegt vor, wenn Vermieter unter Ausnutzung eines geringen Angebots an Mietwohnungen unangemessen hohe Mieten verlangen, die die üblichen Preise wesentlich übersteigen. Nach der Rechtsprechung gelten 20 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete als unangemessen hoch. Eine Überschreitung bis zu 50 Prozent darüber ist aber für den Vermieter möglich, wenn er nachweist, daß er diese Miete zur Deckung der laufenden Kosten braucht. Zivilrechtliche Klagen der Mieter dagegen führen günstigstenfalls dazu, daß sie »nur« noch 20 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete zahlen müssen. Der Mieter kann auch Anzeige beim Wohnungsamt erstatten und ein Ordnungswidrigkeitenverfahren in Gang setzen.

Anhaltspunkte über die ortsübliche Vergleichsmiete stehen im Mietspiegel. Aber den Berliner Gerichten reicht der Mietspiegel allein als Beweis der ortsüblichen Miete nicht aus. Oft fordern Richter ein Gutachten an. Dies ermittelt in der Regel eine höhere Vergleichsmiete als der Mietspiegel.

Mietwucher ist sogar eine Straftat. Das Gericht muß jedoch nachweisen, daß der Vermieter vorsätzlich eine Zwangslage ausgenutzt hat. Das ist schwierig, deshalb kommen Verurteilungen wegen Mietwuchers so gut wie nie vor.

Bei Wohnungen, die mit öffentlichen Geldern modernisiert wurden, ist die Miete auf zehn bis zwanzig Jahre staatlich festgelegt und vergleichsweise niedrig. Ein Mieterwechsel hat keinen Einfluß auf die Miethöhe. Auch die Miete im Sozialen Wohnungsbau ist auf Jahrzehnte staatlich festgelegt.

Im Ostteil der Stadt unterliegen alle Wohnungen, die vor dem 3. Oktober 1990 — dem Tag der Wiedervereinigung — fertiggestellt wurden, einer Mietpreisbindung. Für sie gilt die preisrechtlich zulässige Miete nach altem DDR-Recht plus die von der Bundesregierung beschlossenen Mieterhöhungen vom 1.Oktober 91. Für die — wenigen — Wohnungen, die nach dem 3. Oktober 90 entstanden sind, gilt westliches Recht: Die Sozialwohnungen sind preisgebunden, bei den freifinanzierten Wohnungen kann der Vermieter so zuschlagen wie in West-Berlin. Als freifinanziert gelten auch Wohnungen, die leerstanden und nach dem 3. Oktober 90 mit großem Aufwand hergerichtet wurden.Reiner Wild