Zur Instabilität verurteilt

■ Selbst mit vielen Milliarden ließe sich die GUS-Wirtschaft nicht schnell sanieren

Zur Instabilität verurteilt Selbst mit vielen Milliarden ließe sich die GUS-Wirtschaft nicht schnell sanieren

Im Vergleich zu den ehemaligen sozialistischen Bruderländern haben es die GUS-Republiken noch gut. Zwar stehen auch die Nachfolgestaaten der UdSSR vor einem planwirtschaftlichen Trümmerhaufen; sie können jedoch mit zwei Pfunden wuchern: den Atombomben und den immensen Rohstoffvorräten. Wenn nicht die ganze Welt fürchten müßte, daß die ökonomische Krise zu sozialen Unruhen und diese durchaus zu einem Einsatz des Atomwaffenarsenals führen könnten — es hätten sich wohl kaum die Außenminister von 47 relativ reichen Staaten versammelt, um über Nahrungsmittel- und medizinische Hilfe sowie Wohnraumversorgung zu debattieren. Die Rumänen und Bulgaren, denen es schließlich nicht besser geht als Russen, Kasachen und Ukrainern, können auf solche internationale Fürsorglichkeit nicht rechnen.

Welche von den 47 Regierungen eine wie hohe Summe an Hilfsgeld erübrigen und innenpolitisch durchsetzen kann, bestimmte in Washington zwar die Diskussionen der GUS-Hilfekonferenz, ist aber für die Lösung des Problems Instabilität letztlich nicht entscheidend: Soviele Milliarden Dollar, daß die GUS-Wirtschaften nicht zusammenbrechen werden, kann selbst die vereinte Erste Welt nicht aufbringen. Beipiel Ex-DDR: Die erfolgreichste der sozialistischen Planwirtschaften kann nur mit 150 Milliarden D-Mark an öffentlichen Transferleistungen pro Jahr ohne Massenelend zur Marktwirtschaft umgebaut werden. Beispiel Ungarn: Der Reformstaat, der den Umbau am schnellsten Richtung ökonomischen Erfolg gebracht hat, ist noch weit entfernt davon, die Armut der Bevölkerung lindern zu können.

Nach den Erfahrungen der letzten Jahre ist Jelzins Versicherung absurd, „das Schlimmste“ sei innerhalb eines Jahres vorüber. In allen Ländern des früheren Ostblocks haben sich Anfangsprognosen über die tatsächlichen Tiefen der Tränentäler bisher jedesmal als viel zu optimistisch erwiesen.

Die GUS-Staaten verfügen immerhin über immense Rohstoffvorkommen. Sie zu erschließen und gegen Devisen zu verkaufen hilft sicher bei der Sanierung der Staatshaushalte und dem Aufbau einigermaßen stabiler Finanzsysteme. Diese Aufgabe läßt sich am ehesten über den Internationalen Währungsfonds (IWF) koordinieren, effektiver jedenfalls als über medienwirksame Außenministerkonferenzen. Damit wäre aber immer noch nicht die Industrie saniert, geschweige denn eine Bevölkerungsmehrheit im Besitz von Arbeitsplätzen. Eine weltmarktfähige Marktwirtschaft läßt sich nicht en passant, in zwei bis drei Jahren, aus dem Boden stampfen. Schon gar nicht in Rußland, das noch nie in seiner Geschichte exportorientiert gewirtschaftet hat. Auch Wirtschaftswunder brauchen ihre Zeit. Solange muß „der Westen“ weiter mit der Furcht vor den GUS-Atombomben leben. Donata Riedel