Cossiga bittet Skinhead- Opfer um Verzeihung

Rom (taz) — „Im Namen des italienischen Volkes“ bat Staatspräsident Cossiga am Mittwoch das Opfer eines Überfalls an dessen Krankenbett um Verzeihung. Zusammen mit einem anderen Nordafrikaner war der Mann am Tag zuvor im Zentrum Roms von Skinheads zusammengeschlagen worden. Als „oberster Repräsentant aller Italiener“ habe er diese Verpflichtung gegenüber den Opfern verspürt, so Cossiga. Die Presse, derzeit wegen zahlreicher politischer Ausfälle eher auf Gegenkurs zu Cossiga, war über die Geste des Präsidenten so verdattert, daß nur wenige Zeitungen die Meldung auf den vorderen Seiten brachten.

Rassistische Überfälle in Italien sinde nicht weniger häufig als etwa in Deutschland — wobei sich die einschlägigen Auseinandersetzungen jedoch keineswegs nur entlang der Linie Inländer gegen Einwanderer bewegen, sondern fast noch mehr Süditaliener von Mailändern, Piemontesen oder Venetern angegriffen wurden. Insgesamt kamen in den letzten drei Jahren bei fremdenfeindlichen Übergriffen fünfzehn Menschen ums Leben, an die fünfhundert wurden teils schwer verletzt; bei gut einem Drittel handelte es sich um italienische Staatsbürger. In zwei Fällen — in Bologna und bei Rimini — wurden sogar Carabinieri, die zum Schutz von Immigranten oder vor sogenannten „Nomaden-Camps“ (für Sinti und Roma) Streife fuhren, in einen Hinterhalt gelockt und erschossen.

Italien hatte sich jedoch in den vergangenen Tagen fast ausschließlich auf die Situation in Deutschland konzentriert, umfangreiche Berichte erinnerten an den Beginn des Holocaust. Die Meldungen über Anschläge im eigenen Land gingen nahezu unter. Erst als sich herausstellte, daß es sich bei dem Überfall am Dienstag nicht wie bisher um irgendwelche unbekannten Schläger handelte, sondern um eindeutig als Skinheads erkennbare junge Männer, wachte die Öffentlichkeit auf. Einige Mitglieder dieser — in Italien unter Verdrängung der eigenen Faschismus-Vergangenheit „Naziskins“ genannten — Gruppen wurden mittlerweile festgenommen.

Zu Cossiga hatte sich beim Krankenhausbesuch auch Roms sozialistischer Bürgermeister Franco Carrara gesellt. Ausländersprecher veranlaßte das zu sarkastischen Kommentaren, fordert doch das römische Stadtoberhaupt vehement wie sonst kaum ein Kollege einen städtischen „Numerus clausus“ für Immigranten und heizt so die Aversionen gegen Ausländer zusätzlich an. Werner Raith