Top- und Flop-Schulen

■ Prinz-Aktion: 1694 SchülerInnen testeten 20 Bremer Gymnasiale Oberstufen

Schlechte Zeiten für miese Pennen und fiese Pauker: Jetzt kommt die Wahrheit über Gymnasien und GY-Oberstufen an den Tag. Naja, ein bißchen. 1694 Bremer SchülerInnen verteilten für den neuen „Prinz“-Test schon im letzten Herbst auf drei Fragebogen-Seiten Kreuzchen, Urteile und Zensuren: Haben die LehrerInnen Ahnung? Ist kritisches Denken gefragt? Kommen brisante Themen im Unterricht vor? Hat die Schule Computer und Sportplätze?

Bei der Präsentation der Ergebnisse stellte Prinz-Bremen- Chef Claus Spitzer-Ewersmann gestern verständlicherweise besonders die uneigennützigen Aspekte in den Vordergrund: Der Bildungssenator könne sich für diese Gratis-Datensammlung mit Mängel- und Hitlisten bedanken! Und: Endlich sagen mal SchülerInnen, wie Schule ist und sein sollte, und nicht Bürokraten und Politiker. Warum „Prinz“ in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Hannover, Köln, München, Stuttgart und Bremen ausgerechnet Gymnasien testete: Das ist altersmäßig die Zielgruppe der Stadtillustrierten. Leser-Blatt-Bindung, nennt man das. Im Geschäft: Levis Jeans. 13 Fragen über Modetrends kamen nach dem Schul-Test.

Spitzenreiterin war die GY- Stufe im Grambker Schulzentrum (SZ) Alwin-Lonke-Straße, gefolgt von Blumenthal und Huckelriede. Hohe Punktzahlen gab es dort, weil die Befragten fanden: LehrerInnen haben fachliche Kompetenz, Eigeninitiative und kritisches Denken sind gefragt. Blumenthal konnte den absoluten Spitzenwert verbuchen: 96% loben moderne Lehrmethoden und Gruppenarbeit. Gleich in der Nachbarschaft der Flop: das SZ Vegesack. Nur jede dritte Schülerin findet, daß Lehrer ihren Stoff verständlich vermitteln, nicht einmal jeder fünften genügen die aktuellen Themen, und Leistungsschwache, so das Urteil, haben dort ganz schlechte Karten.

Bremer LehrerInnen Spitze

Besser als in anderen Städten kamen die LehrerInnen weg. 68% finden sie kompetent, ein Wunder übrigens in den Augen der taz- Schüler-Praktikanten, weil es doch „solche und solche“ gibt. Leistungsschwache SchülerInnen werden aber nicht oder eher nicht richtig gefördert, finden 56%. Das war in anderen Städten anders. Nur spärliche 18% der Befragten mögen sich mit persönlichen Problemen an ihre LehrerInnen wenden — mit diesem miesen Wert belegt Bremen hinter Hamburg immer noch den 2. Platz im Städte-Vergleich.

Öko-Muffel

Keine andere Stadt hatte schlechtere Ergebnisse, wenn um Öko- Themen ging. Daß sich 85% nicht und weitere 1% eher nicht von Gewalttätigkeiten bedroht fühlen, wollte der Prinz-Chef relativieren: Betroffen von Gewalt sind meist niedrigere Jahrgänge und andere Schulformen.

Bremer System

Daß ausgerechnt Bremer SchülerInnen die beste Gesamtnote vergaben, könnte an den bundesweit einmaligen Schulzentren liegen, vermutet Prof. Habermehl aus Hamburg, der die Fragebögen statistisch auswertete.

Tops und Flops

Wo und wofür besondere Ausreißer-Noten unter den 20 betroffenen GY-Zweigen vergeben wurden: Hermann Böse ist vermeintlich gut für die Karriere (Note 1), Kippenberg auch (2); Kaum Unterrichtsausfall verbucht die Bördestr. (2); Freizeiteinrichtungen sind im SZ Vegesack allzu spärlich (4-); für zeitgemäßen Unterricht gab es in Huckelriede nur eine 4+.

Einige LehrerInnen versuchten vergeblich, die Beantwortung der Fragen zu verbieten. Andere füllten die Bögen sogar im Unterricht aus. Radio ffn war life dabei und erinnerte morgens: „Heute Schultest!“ Ü-Wagen parkten vor den Schulen und ließen die SchülerInnen ind Mikro meckern. Inzwischen haben einige Schulen und LehrerInnen schon angefragt, ob sie die Testergebnisse haben können. Auf Interesse der Bildungsbehörde an den Hit- und Mängelliste wartet Prinz. Eine Sorge brauchen LehrerInnen übrigens nicht zu haben: nach Namen wurde ausdrücklich nicht gefragt.

Auf einem Auge zeigte sich Prinz nicht zum ersten Mal blind: Keine Frage zu Anmache durch Lehrer und Mitschüler, zur Koedukations-Debatte, zu Mädchen-Themen. Wie viele Mädchen bzw. Jungs geantwortet hatten, wurde nicht erfaßt, obwohl auf den Bögen das Geschlecht vermerkt wurde. Aber was auf dem Titel? Erraten: nackte Brüste, weiblich. S.P.

1. Folge im Februar-Heft, 3,50 DM