Der „Body Shop“ macht dicht

■ Nach fünf Jahren endet ein Bremer Kapitel britischer Öko-Kosmetik

Ein unscheinbares Schild im Schaufenster, ein Dank an die Stammkundschaft, auffällig leere Regale: Indizien für eine Geschäftsaufgabe. Heute ist für Mitarbeiterinnen und KundInnen der letzte Tag im „Body Shop“. Das kleine Kosmetik-Lädchen in der Hillmannpassage gibt auf: „Unsere Zusammenarbeit mit dem Body Shop ist beendet“, steht auf dem Schild. Schwierigkeiten mit dem zuständigen Body-Shop-Lieferanten in Holland sollen der Grund sein. Nicht etwa rückläufige Kundenzahlen in dem Geschäft in der Nobel-Passage. Das Verkaufsteam will jedenfalls weitermachen — am selben Ort, mit neuem Konzept. Wie — das soll, so die Geschäftsführerin, eine „Überraschung“ sein.

Die KundInnen stehen derzeit jedoch ratlos im Laden. Der Bremer Body Shop hatte viele Stammkunden. Fünf Jahre lang haben sie sich an die englischen Düfte, die Cremes und Cacao- Butter-Seifen und exotischen Pflegeartikel gewöhnt. Und an die Philosophie, die hinter den kleinen grünen Aufklebern auf jedem der Fläschchen und Tiegel in den weit über 600 Filialen des englischen Kosmetikkonzerns steckt.

„Naturnah“ sollen die Produkte sein. Eher aus pflanzlichen als aus tierischen Ingredienzen. Und vor allem: garantiert ohne Tierversuche. Das heißt jedoch nicht, daß keine Konservierungsstoffe oder Emulgatoren verwendet, in dem Konzern keine Chemiker beschäftigt würden. „Manche Stoffe sind in der Natur auch schon so verunreinigt, daß sie aus dem Labor viel besser sind“, verkauft die Mitarbeiterin das Prinzip „naturidentisch“.

Im Rahmen der europäischen Angleichung werden, wenn das Gesetzesvorhaben durchkommt, alle Kosmetikhersteller ihre Produkte neu testen müssen — dann aber mit Tierversuchen. Als der Bremer Body Shop im vergangenen Sommer eine Unterschriften- Aktion gegen dieses Gesetz durchführte, beteiligten sich jedoch überraschend wenig BremerInnen an der Aktion. Auch den Nachfüllservice, den der Shop schon lange vor Inkrafttreten der Verpackungsverordnung anbot, wurde von weniger als der Hälfte der KundInnen genutzt.

Dennoch beruhigen viele ihr Gewissen damit, Kosmetik vom „Body Shop“ zu kaufen. Denn ein Großteil der Gewinne des weltweiten Konzerns fließen in Umwelt-und Politkampagnen, unterstützen Greenpeace, bedrohte Tiere und die Dritte Welt. Und dafür steht weltweit ein Name: Anita Roddick. 34 Jahre alt war die Tochter italienischer Einwanderer, Ex-Uno-Sekretärin und Ex-Lehrerin, als sie 1976 den ersten Laden in Brighton eröffnete.

Inzwischen ist Anita Roddick die erfolgreichste Unternehmerin und fünftreichste Frau Englands, ein Vorbild für Feministinnen und Chefin von fast 2.000 Angestellten allein in der Konzernzentrale in Sussex. Der „Zeit“ erklärte die Managerin, daß bis zum Jahr 2000 zu den 600 bestehenden jährlich 150 neue Läden (die meisten an Franchisenehmer) hinzukommen sollen.

60.000 bis 70.000 Mark Umsatz schafft jeder Laden im Durchschnitt. Als die Kette vor drei Jahren in die USA expandierte, meldeten sich 2.500 Interessenten. An der Londoner Börse kursieren Body Shop-Shares seit 1984 als „Aktien, die der Schwerkraft trotzen.“ Bisher, so rühmte sich die Chefin in der „Zeit“, habe noch keiner der Läden Pleite angemeldet.

Dabei schäme sie sich manchmal, in dieser Branche zu arbeiten: „Die Kosmetikbranche gehört im Grunde zur Verpackungsindustrie. Sie produziert in erster Linie Müll und Lügen.“ ra