NEU IN DER SCHAUBURG: „Im Kreise der Lieben“: Trautes Heim — Mord allein

Familienleben — nicht unbedingt glücklich und erst recht nicht legal: Die Tochter erleichtert mit bewundernswerter Virtuosität Verfasser von Kontaktanzeigen um ihre Ersparnisse; die Mutter weiß hingegen kaum, wohin mit ihren amourösen Energien, und deshalb besorgt die Oma ihr hin und wieder einen Mann fürs Bett. Ansonsten regiert sie mit fester Hand den Haushalt, und der eine oder andere männliche Störenfried wird gemeinsam tatkräftig aus dem Wege geräumt.

Schwarze Komödien bekommen sonst nur die Angelsachsen hin: In „Arsen und Spitzenhäubchen“ oder Hitchcocks „Immer Ärger mit Harry“ wird in bestem Stil mit Entsetzen Scherz getrieben, aber aus Hamburg hat man ein Werk in dieser Tradition nun wirklich nicht erwartet.

Regisseurin Hermine Huntgeburth beweist es bei ihrem ersten langen Spielfilm erstaunlich souverän und mit viel lakonischem Witz. Da ist keine Einstellung zuviel. Während die meisten Filme immer länger werden, gelingt es ihr, uns die komplizierten Familienverhältnisse von Maria, Gertrud und Emmi Grund in 79 Minuten vorzuführen.

Daran, wie ein Mann auf dem Wohnzimmersofa die Fernbedienung hält, sieht man sofort, daß es bös mit ihm enden wird. Die Art, wie Gertrud ihre Bilder an die Wand gehängt hat, erlaubt tiefe Einblicke in ihren Gemütszustand, und nachdem man den drei Frauen ein paar Einstellungen lang beim Kartenspielen zugesehen hat, kennt man die Feinheiten der Hackordnung. Mit diesen geschickt placierten Details wird das Familienleben so boshaft und trostlos portraitiert, daß es nur deshalb erträglich ist, weil es auch sehr komisch wirkt. Mit dem ungewohnt ruckartigen Schnitt und der sehr komprimierten Erzählweise, bei der man sehr genau aufpassen muß, um alles mitzubekommen, hat „Im Kreise der Lieben“ eine ganz eigene Stimmung. Außerdem hatte die Regisseurin eine glückliche Hand bei der Auswahl der Schauspielerinnen: Ruth Hellberg, Karin Baal und die zur Zeit aufregendste junge deutsche Schauspielerin Barbara Auer spielen auch die absonderlichsten Szenen knochentrocken und wirken so zugleich glaubwürdig und völlig absurd. Wilfried Hippen

Schauburg 20.30, Do., So.-Mi. auch 22.30h

Vgl. Interview und Foto rechts