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: Pankgräfin mit Künstlern

Pankgräfin mit Künstlern

Wenn die Kunst eine Oase für Kritiker in der DDR war, dann muß die Quelle in Pankow gewesen sein: Zur Pankgräfin leuchtet an der alten Villa hinter dem Marktplatz, darunter: »Bilder-Kneipe«.

Drinnen baumelt das pankgräfliche Gespenst, eine bald zwei Meter lange Figur aus Drähten und Folien, Stricken und Pappe. Die Künstler, deren uriges Domizil sich seit Jahrzehnten hier befindet, haben die Dame mit der riesigen Nase zum letzten Fasching hergebracht. Seitdem hängt sie hier, wie die wilde Mischung aus Veranstaltungsplakaten, Fotos und Bildern.

Eher kitschige Landschaften mischen sich mit abstrakten Collagen und schiefen Papierlampenschirmen, alte Berlin-Fotos gehen beinahe unter wegen der Gemälde, neben denen Expressionismus wie naive Bauernmalerei erscheint. Die Werke sind Geschenke oder Leihgaben, die Künstler hoffen auf Reaktionen. Auf der Theke steht ein kleiner Indianer.

Im Regal dahinter zeugen eine schwere Krone aus Wodka-Fläschchen, ein riesiges Schwert und ein Zepter von der Hochachtung der Künstler gegenüber ihrer Gräfin: Gabi Grunwald wird von ihren Gästen geliebt, und sie liebt ihre Gäste. Die meisten kennt sie beim Namen, die übrigen bleiben der ewigen Mittdreißigerin nicht lange fremd.

Seit 1985 ist sie hier Wirtin und Seelentrösterin, damals war die gemütliche Kneipe noch die Clubgaststätte im Kreiskulturhaus Erich Weiland. Als sie diese im Oktober '90 übernommen hatte, saß sie mit den Stammkunden zusammen und beriet, wie es weitergehen könne. Der Name Pankgräfin wurde gefunden, Gabi gekrönt und ihr Partner Christian feierlich zum Ritter geschlagen.

Viel hat sich seitdem nicht geändert, außer daß auch ein paar Gäste aus dem Westen kommen. Hans aus dem Wedding zum Beispiel, der unvermittelt am Klavier einige Blues- Interpretationen spielt, oder Andreas, der seine Mundharmonika immer griffbereit hat.

Doch Touristen verirren sich nur selten dorthin, wie die Karte beweist: Ein kleines (West-)Faßbier kostet eine Mark achtzig, für drei Mark gibt es 0,4 Liter oder die Halbliterflasche Berliner Pilsner. »Das geht besser«, sagt Gabi, »das ist noch ein DDR- Produkt.« Ob Limo für eine Mark fünfzig oder Kasslerbraten mit Kartoffelsalat für vier Mark fünfzig — bei den Preisen läßt es sich nicht nur für Künstler beruhigt genießen und diskutieren, wie es weitergehen soll.

Und wer dann den alten Zeiten nachhängt, hat vielleicht Glück und trifft Jurij: Der hat immer noch einen Ost-Glückspfennig übrig, »der war noch was wert«.

Bilder-Kneipe Zur Pankgräfin: Breite Straße 43, S-Bahnhof Pankow, Buslinien 227 und 150 bis Pankow-Kirche, täglich ab 19Uhr.