■ A U S D E N R A T H Ä U S E R N
: Und sie bewegt sich nicht

Und sie bewegt sich nicht

Typisch! Das werden viele eingefleischte Berliner Sozialdemokraten sagen, wenn sie das neueste Wahlkampfblättchen der Berliner CDU in Händen halten. Dort, in der 'Rundschau Extra‘, ist der Vize-Senatssprecher und Sozialdemokrat Eduard Heußen auf einem Werbefoto neben Schulsenator Jürgen Klemann abgelichtet. Heußen, der im Frühjahr aus Bonn importiert worden war und sich nicht scheut, seine Kenntnisse auch dem Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen zugänglich zu machen, steht bei manchen Berliner Sozis schon lange im Verdacht, zuviel für die andere Seite zu arbeiten. Die Sache mit dem CDU-Foto will er aber nicht auf sich beruhen lassen. Er bat deshalb den CDU-Generalsekretär und Wahlkampfleiter Karl-Joachim Kierey schriftlich um eine Erläuterung. »Wenn man sich anschaut, wie die CDU in Umfragen abschneidet«, tröstet sich der Sprecher, »hilft es ihr auch nicht, mit meinem Bild zu werben.«

Diese Worte lassen sich auch als Anspielung auf die Tatsache verstehen, daß eine ganze Reihe von CDU- Senatoren ihre jetzt einjährige Amtszeit vor allem dazu genutzt haben, ein überaus schlechtes Bild abzugeben. Der oft ahnungslose Verkehrssenator Herwig Haase wird in Berlin wie in Bonn nur noch ausgelacht. Und in der Behörde von Finanzsenator Elmar Pieroth weiß die linke Hand häufig nicht, was die rechte tut. Und Innensenator Dieter Heckelmann? Der jagt die Erzschurken: Hütchenspieler und SPD-Beamte im Polizeidienst.

Immer wieder kommen deshalb Spekulationen über eine Senatsumbildung auf, und als erster Kandidat wird stets Haase genannt. Vor den Bezirkswahlen am 24.Mai rechnet allerdings keiner damit, und auch danach ist eine Rotation im Senat eher unwahrscheinlich. Würde man erfolglose Senatoren schon nach einem Jahr zum Rücktritt zwingen, traue sich keiner mehr, solche Ämter zu übernehmen, wird im Roten Rathaus argumentiert. Außerdem würde die mit Bruchpiloten so reichlich gesegnete CDU aus Prestigegründen darauf bestehen, daß auch die SPD ein Bauernopfer bringe. Christdemokraten kommt in diesem Zusammenhang stets die Justizsenatorin Jutta Limbach in den Sinn. Der kleine Unterschied zu Haase: Während der Verkehrssenator längst auch bei Diepgen und in der eigenen Partei scheel angesehen wird, mag die SPD Limbach keine Vorwürfe machen. Unter Sozis wird höchstens mal erörtert, ob Norbert Meisner mit seiner eher verhaltenen als begeisternden Art als Wirtschaftssenator auf dem richtigen Posten ist. In seinem alten Amt als Finanzsenator war Meisner freilich ohne Fehl und Tadel, und außerdem hat er seine Lobby in der Partei. Die Folge für die Koalition ist klar: Und sie bewegt sich doch nicht. Hans-Martin Tillack