Der Barbar im Tech Noir

■ „Der Terminator“, Samstag, 23.00Uhr auf Tele5

Im Gegensatz zum gealterten Blade Runner bleibt die Faszination von Terminator ungebrochen. Als erster Gegenentwurf zur Bigotterie von Spielbergs infantilem Lichterkino ist James Camerons Tech-Noir-Vision eine gelungene Mischung aus Actionfilm und Antiutopie. Es beginnt mit Bildern einer düsteren Zukunftswelt. Guerillakämpfer werden von Maschinen gejagt. Panzer walzen Totenköpfe in den Staub: Schädelstätte der Zivilisation.

Globale „Abwehrnetzcomputer“, so die Off-Story, führten einen nuklearen Vernichtungsschlag gegen die Menschheit. Kyle Reese (Michael Biehn), einer der letzten Überlebenden dieses letzten Krieges, wurde aus der Zukunft in unsere Jetztzeit, nach Los Angeles ins Jahr 1984 geschickt, um eine ebenfalls aus der Zukunft kommende Maschine aufzuhalten. Auftrag des von einer menschlichen Haut umgebenen Roboters ist die Tötung einer gewissen Sarah Connor (Linda Hamilton). Andernfalls würde die Frau einen kleinen Heiland gebären, der den Maschinen in Zukunft schwer zusetzt: rückwirkende Abtreibung.

„Ist er verrückt?“ unterbricht ein Polizist die abgedrehte Geschichte aus dem Munde des wild gewordenen Zeitreisenden. Er will das einfach nicht glauben. „Fachlich ausgedrückt, ist er ein Irrer“, korrigiert der Psychiater. Wir, das heißt die Zuschauer, wissen natürlich, daß Kyle kein Irrer ist und daß der schießwütige Terminator schon vor der Tür steht. Wie üblich glaubt der Zuschauer, über den Dingen zu stehen. Doch das phantastische Element der „Zeitmaschine“ hat eine Verwicklung ausgelöst, die dem Zuschauer nahelegt, den Denkfehler Reeses, die Zukunft würde nicht feststehen, zu wiederholen. Und das, obwohl die Präsenz des Zeitreisenden aus dem Jahr 2029 im Los Angeles von 1984 eindeutig beweist, daß die Zukunft nur so und nicht anders verlief, also Schnee von gestern ist.

Die lineare Bewegung der endlosen Verfolgungsjagd ist durch eine Kreisbewegung unterwandert; zu Anfang ist alles schon geschehen. Der Terminator funktioniert wie die Live-Übertragung eines Fußball- Endspiels, bei dem man bis zur letzten Sekunde zittert, obwohl vor dem Anstoß das Resultat eingeblendet wurde. Seine Spannung erzielt Camerons Film daher durch den Kurzschluß von Dramaturgie und Thema. „Wie der Terminator selbst, läßt auch das Drehbuch niemals locker, serviert statt eines einzelnen Klimax eine regelrechte Kaskade von Höhepunkten“ (N. Stresau). Unter diesem Aspekt wird auch die obligatorisch- romantische Lovestory hintenrum als zwanghafte Anmache entlarvt: „Du redest über Dinge, die ich noch nicht getan habe, in der Vergangenheit. Das macht mich verrückt“, sagt Kyle zu Sarah. Schöner kann man Hollywood-Machotum nicht denunzieren.

Der 1984 nur langsam sich einstellende Erfolg des Films ist auch auf die kongeniale Verkörperung der Killermaschine durch den österreichischen Eiweißmagnaten Arnold Schwarzenegger zurückzuführen. Nach den beiden Conan-Filmen (1982, 1984) war klar, daß sogar die spärlichen Charakterzüge eines tumben Barbaren Schwarzeneggers schauspielerisches Potential noch überfordert hatte. Der Roger-Corman-Schüler Cameron nutzte die monomane Präsenz des dreimaligen „Mr. Universum“ geschickt aus, indem er Arnold inszenierte, wie man eine Lichtmaschine im Pkw montiert.

Stapft der mimische Minimalist durch die Gegend, so liegt die Assoziation nicht fern, der Regisseur habe nur die vertikale Bewegung des Hantelstemmens in eine horizontale Gehbewegung umgesetzt. Statt des parafaschistischen Körperkults in Conan zeigt Cameron einen punkigen Muskelmann, der seine zerschossene Techno-Visage hinter einer schwarzen Brille verbirgt.

Allen Vorurteilen zum Trotz, Terminator wäre nur ein geistloser Metzelfilm, gibt es eine Menge Leute, die sich nächtelang die Köpfe heiß geredet haben, ob Cameron ein „reaktionäres Geschichtsmodell“ vertritt. Oder ob Kyle Reese, der seinen Daddy nicht umbringt, sondern zeugt, der „Antiödipus“ ist. Weil amerikanische Söhne die Identität ihrer Vietnam-traumatisierten Väter stützen müssen...

Es hat kreativen und nie terminierten Streit gegeben bei diesen Diskussionen, der bei der Fortsetzung, dem 100 Millionen Dollar teuren T2 gar nicht erst aufkommen wollte. Das subversive Potential wurde verschenkt. Manfred Riepe